15. Juli 2013

Black Mesa

Ihr kennt das doch sicher auch. Euch ist langweilig übers Wochenende, seid aber zu faul eine neue Aktivität anzufangen. Eine neue Fernsehserie zu beginnen, ein neues Buch lesen, ein neues Videospiel spielen, ...die Motivation für etwas neues fehlt einfach. Also findet man sich eine alte Aktivität und beschäftigt sich zum Erbrechen mit dieser! Auf einmal schaut man eine ganze Nacht lang die erste Staffel seiner Lieblingsserie Futurama durch, oder liest zum Spaß halber nochmal alle Herr der Ringe oder Harry Potter-Bücher, oder man schaut sich alle Star Wars-Filme nochmals an (in der Machete-Order wohlgemerkt). Hauptsache nichts neues anfangen und die alte Sache exzessiv wiederaufleben lassen. Mich packte das Retro-Fieber ebenfalls, nur meine Droge nannte sich Half-Life. Ein spielbarer Action-Science-Fiction-Meilenstein für den PC von der Firma Valve aus dem Jahre 1998 wie man ihn zuvor noch nie sah. Und auch seine Fortsetzung war und ist immer noch ein pompöses Meisterwerk, welches weiterhin noch komponiert wird und auf einen gelungen Abschluss in Half-Life 2: Episode 3 wartet. Über die Tage hinweg rannte ich nun durch City 17, seine Kanalisationen und die herumliegenden Wälder, stets wissend, dass der letzte Teil wohl noch länger bis zu seiner Veröffentlichung braucht und der Frust über diese Tatsache durch ein erneutes Durchspielen diese außerweltlichen Videospielserie wohl nicht gestillt wird. 

Aber Stopp! Während am Ende in Episode 1 die Zitadelle der Combine abermals in einem Meer aus Licht und Schall direkt vor meinen Augen in sich zusammenbrach, kam mir eine Erinnerung zugeflogen. Eine Erinnerung an ein Projekt von Videospielfanatikern wie meinesgleichen. Sie tauften ihr Unterfangen Black Mesa und nahmen die technologisch fortschrittlicheren Physik- und Grafikwerkzeuge der Fortsetzung Half-Life 2 (2004) und bauten damit den ersten Teil von vor 6 Jahren nach. Dieses Projekt zog sich scheinbar endlos in die Länge und hat die Herzen der sehnlichst Wartenden wohl genauso bluten lassen wie Valve es derzeit mit Episode 3 macht. Hingegen anders als die Computerspielfirma vollendete das sogenannte Black Mesa-Team doch noch vor Valve, was sie sich vornahmen, und stellten ihre Modifikation letzten Oktober online und gratis ins Netz. Nun kann man auch den ersten Teil aus dem Jahre '98 in der prächtigen Source-Engine genießen und erlebt den Anfang vom Untergang des Lambda-Komplexes in einer atemberaubenden grafischen Schönheit, wie man es sich seit der Fortsetzung wünschte.




Aber genug poetisch und schwärmend palavert, kommen wir lieber zu den harten Fakten und zum Spiel an sich! Taugt Black Mesa etwas? Diese Frage könnte ich mit einem simplen "Ja" tatsächlich einfach so stehen lassen, aber wir wollen ja Details! Vorneweg haben die Programmierer mit dem Spiel Black Mesa nicht nur versucht, die Atmosphäre des Originals einzufangen, sondern sie um essentielle Facetten zu bereichern. So sieht die virtuelle Spielwelt nicht nur besser aus und hört sich besser an, sondern es wurden auch etliche neue Stimmen und Dialoge aufgenommen, um den auftretenden Personen mehr Charakter zu verleihen. Es wurden viel mehr herumliegende Gegenstände in die Spielwelt eingebaut, um den Lambda-Komplex belebter wirken zu lassen, und leere Passagen wurden clever um Rezeptionstische, Sofas, Maschinen, Bürotische, Getränkeautomaten, etc. erweitert. Jede gebaute Ecke in der physikalischen Einrichtung hat nun einen erkennbaren Zweck und existiert nicht nur, weil die damaligen Mapping-Instrumente keine Details zuließen oder die Original-Entwickler keine Texturen für diese Objekte zur Verfügung hatten. Hier wurde nicht nur nachgebaut, sondern intelligent darüber nachgedacht, was Valve damals für eine Vision von Half-Life hatte, aber es damals eben nicht in die Tat umsetzen konnten.

Hinzukommt ein extra für diesen Titel komponierter Soundtrack von Joel Nielsen, der mit den musikalischen Untermalungen von großen Blockbuster-Titeln nicht nur locker mithält, sondern sie sogar überbietet. Seien es nun actiongeladene, hektische Gitarrenriffs oder ruhige, Ambiente-Musiksegmente. Das Spiel hört sich nicht nur unglaublich geil an, sondern Joel hat es hier tatsächlich geschafft, eine Essenz von Half-Life einzufangen, die es bis dato nicht gab. Der Soundtrack samt seinem Erschaffer verdienen einen stehenden Applaus! Das erste Mal in meinem Leben ziehe ich es wirklich in Erwägung, den Soundtrack online als Download zu erwerben, einfach nur um Nielsen als unabhängigen Künstler zu unterstützen. Der Soundtrack alleine ist das Spielen fast schon wert.


Der offizielle Trailer.


Ansonsten spielt sich Black Mesa wie gehabt. Man erlebt die Resonanz-Kaskade tief unter der Erdoberfläche hautnah mit und muss sich seinen Weg springend und schießend an die Oberfläche bahnen, um eine drohende Alieninvasion zu verhindern. Da das Spiel dieses Mal auf der Source-Engine basiert, wurde auch das Menü mitverändert. So kann man wie in Valve-Spielen üblich nun endlich vor Spielbeginn das Kapitel auswählen und so schnell zur gewünschten Stelle springen. Als netten Bonus haben die Programmierer Achievements eingebaut. Diese steigern den Wiederspielbarkeitswert nur ein klein wenig, da man die meisten Sachen wohl ohnehin unbewusst im ersten Durchlauf erledigt.

Die Modifikation besitzt aber zwei Haken. Erstens, die geringere Spielzeit, da manche Passagen verkürzt oder sogar ganz ausgelassen worden sind. Dies geschah aber nicht aus Faulheit oder Ideenlosigkeit, sondern aus den simplen Überlegungen heraus, den Lambda-Komplex realistisch als physikalisch experimentelle Einrichtung darstellen zu wollen. Zweitens, das Fehlen von Xen. Hier traten während der Entwicklung tatsächlich technische Probleme und Dispute über die Umsetzung der Grenzdimension auf, sodass man den Rest schon vorzeitigt veröffentlichen wollte und Xen in Zukunft vielleicht nachgereicht wird. Dies steht aber leider noch in den Sternen und das Spiel endet mit dem Sprung ins Portal. Diese Dinge lassen aber nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass Black Mesa ein absolut gelungenes Revival und für jeden Fan der Serie ein Pflichtdownload ist! Es ist zwar leider kein Ersatz, aber versüßt doch ein klein wenig die Wartezeit. Jetzt heißt es wieder weiter auf Episode 3 hoffen...

santi



PS: 
Hier nochmals der Link zur Projektseite. Dort findet ihr auch prompt die Downloadmöglichkeiten für das Spiel und seinen grandiosen Soundtrack: www.BlackMesaSource.com

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