5. Juli 2013

World War Z: An Oral History of the Zombie War

Yeah, Trailer vor einem Kinofilm sind fast ein größeres Highlight als der Film selbst! Na mal sehen: Aha.... 0815 Liebeskomödie.... Uh, die Doku könnte vielleicht ganz interessant sein, aber bei DEM Publikum im Saal wird diese Werbung wohl wenig fruchten ....neargh, noch ein sinnloser Actionfilm und unzählige millionen Dollar verschwendet -_- .... Juhu, es ist eine weitere Comicbuchverfilmung von Marvel! Scheiß auf die millionen Dollar! ....Was kommt denn nun? Brad Pitt mit einem dünnen Schal mitten im Sommer. Macht der jetzt auf Hipster? Aha, es rennen viele Menschen vor irgendetwas weg. Brad läuft mit. Man sieht noch nicht wirklich irgendwas. Wird wohl ein Katastrophenfilm sein. Oder irgendein Monsterfilm. Jetzt sieht man auf einmal Schiffe auf dem Meer.... das erinnert mich doch an etwas. Katastrophen und Zuflucht auf dem Meer klingen verdammt vertraut. Nur woher? Oje, mir ahnt übles. Oh Gott, bitte lass die Katastrophe keine Zombieapokalypse sein.... NEEEEEIIIIIN, es sind wirklich Zombies! Bitte lass es keine Verfilmung von dem grandiosen Buch World War Z sein! .....AAAAAAHHHHH, es ist die Verfilmung!!! Rettet euch! Rettet euch solange ihr noch könnt!!!!!




Es ist wirklich zum Heulen, denn kein Buch bleibt von der schreibfaulen Hollywood-Industrie verschont. Ich weiß nicht einmal, wo ich anfangen soll rumzumeckern, so sehr hält sich meine Begeisterung über den kommenden Kinofilm in Grenzen. Aber ich sollte wohl nicht voreilig Schlüsse ziehen und rumraunzen. Vielleicht wird der Film ja sogar ganz gut, wenngleich er an die Buchvorlage niemals herankommen wird! Hmpf, immerhin steht der Trost über diesen Zwiespalt in Papierform nur 4 Meter weit weg in meinem Bücherregal und weckt Erinnerungen an bessere Zeiten, in welchen Drehbuchautor noch selbst Geschichten erfanden und ich statt für die Uni zu lernen, lieber auf dem Sofa gelegen bin und ein Buch gelesen habe. Und ein paar von euch kennen mich gut genug, um zu wissen, dass solch ein Ereignis eher selten stattfindet, und es sich dementsprechend um ein verdammt gutes Buch handeln muss! Also warum nicht zuerst über das Buch, auf welchem der Film basiert, schreiben, anstatt rumzumeckern? Worum es in World War Z des Autors Max Brooks (Sohn des berühmten Mel Brooks (Spaceballs)) geht, wisst ihr ja schon: die Zombieapokalypse bricht aus bzw. brach aus, denn alle in dem Buch geschilderten Ereignisse finden in der Vergangenheit der eigentlichen Geschichte statt. Aber gehen wir lieber nochmal auf Anfang.

In der Einleitung des Buches will ein engagierter UNO-Mitarbeiter einen Bericht über die sogenannten Z-Kriege verfassen, da viele Dokumente und Daten noch in Zusammenhang gebracht und katalogisiert werden müssen. Sein direkter Vorgesetzter erkennt jedoch die Leidenschaft, mit welcher dieser junge Büroangestellte zu Werke geht, und meint zu diesem, er könne doch gleich ein Buch aus Augenzeugenberichten schreiben, welches zugleich den umfassenden Abschlussbericht darstellt. Und schon macht sich nach nur 3 Seiten Einleitung unser Büroangestellter auf eine lange Reise um die Welt, um als Hobbyjournalist Menschen zu interviewen. Darum geht es in dem Buch: man liest selten die eigenen Worte der Hauptperson, falls man sie so überhaupt nennen kann, da sie ja nur einen zweckmäßigen Rahmen erstellt, um den Stil der Erzählung zu rechtfertigen, ...man liest nie die eigenen Worte dieser Hauptperson, sondern immer nur die verschiedenen Schilderungen von bereits in die Jahre gekommenen Leuten, welche die Zombieinvasion vor einigen Jahren überlebt haben. Alle paar Seiten wechselt also die Perspektive und der Standort. Daher auch der Untertitel "An Oral History...". Nach und nach berichten diese Personen nun, was sie so erlebt haben, und man erhält einen netten Überblick, wie die Leute in verschiedenen Erdteilen den Ausbruch der Invasion mitbekamen und um ihr Überleben kämpften, was uns auch schon zum interessantesten Aspekt des Buches bringt. Objektivitität versus Subjektivität.

Obwohl der Autor unglaubliche Raffinesse und Kreativität an den Tag legt über Faktoren, die bei so einer Apokalypse mitspielen, beschränkt er durch diesen losen Zusammenhang von vollkommen willkürlich ausgewählten fiktiven Interviewpartnern enorm das Verständnis über die Dinge, die überhaupt passieren. So erfährt man zum Beispiel nie, wie die Invasion genau ausgebrochen ist, oder was mit dem einen Staat passiert ist, obwohl zu Beginn noch genau dieser Staat erwähnt wurde. Es bleiben so viele Fragen offen, eben bedingt durch den Erzählstil des Buches. Der Leser bekommt trotz eines extrem süchtig machenden Stilmittels nie vollständige Antworten auf seine Fragen und bleibt nach Beendigung des Buches ein bisschen in der Luft hängen gelassen. Die Struktur mit den Interviews ist im doppelten Sinne aber genial von dem Autor gewählt. Er schafft dadurch nicht nur eine außergewöhnliche Rahmenhandlung, die es alleine schon wert ist, gelesen zu werden, sondern entzieht sich damit zugleich jeglicher Verantwortung, schlussendlich abschließende Antworten vorlegen zu müssen. BÄM, Geniestreich!

Auf der anderen Seite erfindet Max Brooks SO viele (ja, ich muss es großschreiben, da es wirklich viele sind) fiktive Personen und Geschichten zu ihnen, dass man ihm trotz der offenen Antworten am Ende nicht böse sein kann. Er verleiht jeder Person alleine schon durch die Art wie sie redet und gestikuliert so unglaublich viel Authentizität, Diversität und Einzigartigkeit, sodass man sich ihre Erlebnisse derart im Kopf verinnerlicht, als sei man selbst auf der Flucht vor den Zombies gewesen, als sei es eine echte Person, die hier ihre Geschichte erzählt und kein erfundener Charakter. Durch diese schiere Menge an Erzählfiguren, erhält man nun widersprüchlicherweise doch genug Objektivität über die Ereignisse, aber eben immer nur aus der Sicht eines Einzelnen und nie das gesamte Bild.

Hinzukommt, dass Brooks Faktoren berücksichtigt, an die Ottonormalverbraucher nicht mal denken würden. Eine "kurze" Liste:
  • Wie verhalten sich Tiere, speziell Hunde gegenüber Zombies? Kann man dies zu seinem Vorteil nützen? Jagen Zombies wirklich nur Menschen?
  • In welchen Regionen sind Untote überlebens- bzw. fortbewegungsfähig? Speziell in verschneiten Regionen oder im Meer.
  • Sind Inseln wirklich die beste Zufluchtsmöglichkeit?
  • Wie sehr am Arsch sind eigentlich Astronauten im Orbit?
  • Warum funktionieren biologische, chemische und nukleare Waffen nicht? Wie genau funktioniert die Anatomie eines Zombies und sein Stoffwechsel?
  • Welche Kampfstrategien können entwickelt werden? Welche politischen Maßnahmen sind erfolgreich? Entstehen vielleicht Grenzkonflikte zwischen bestimmten Staaten aufgrund von Flüchtlingsströmen?
  • Wie sieht die Zivilisation nach einer Zombieinvasion aus?
  • Welche Staaten behaupten sich? Wie entwickeln sie sich nachher weiter? Wird es neue Großmächte nach so einer Invasion geben?
  • Und zu guter Letzt: Warum bricht eigentlich Chaos bei so einer Invasion aus? Und bekommt man überhaupt wirklich ALLE Zombies wieder von der Erdoberfläche weg?
An manche von diesen Überlegungen habe ich persönlich noch nie gedacht, zum Beispiel dass sich Israel und Kuba hervorragend auf eine derartige Attacke von Untoten einstellen könnten. Brooks stellt diese Überlegungen nicht nur an, sondern versucht kritisch über sie nachzudenken und sie vernünftig durch logische Argumente zu erklären. Paart man diesen Umstand nun mit den liebevoll gestalteten, zahllosen Charakteren und dem ambitionierten Erzählstil, erhält man so am Ende ein Zombiebuch, was sich immens spannend, interessant und mitreißend, zugleich auch erschreckend realistisch, emotional und clever liest. Der Film kann an diese vielschichtige Tiefenstruktur des Buches einfach nicht herankommen, da es (tut mir leid, Brad Pitt) einfach keine Hauptfigur gibt, geschweige denn einen linearen Handlungsablauf. Das, was ich vom Trailer gesehen habe, zeigt keine Verfilmung der Vorlage, sondern einen Actionfilm mit Zombies, mehr oder weniger basierend auf der Vorlage. Aber naja, ob man am Ende trotz der offenen Aspekte befriedigt oder unbefriedigt den Kinosaal verlässt oder das Buch zuklappt, hängt halt stark davon ab, was man sich von einem Film bzw. einem Buch (oder generell einer Geschichte) erwartet. Das Buch bleibt auf jeden Fall jedem zu empfehlen, der sich für Science Fiction, Fantasy, Thriller, Zombies oder Endzeitszenarien begeistert.

santi

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