17. November 2014

Interstellar

Witzig. Durch mehrere Schicksalsschläge im eigenen Leben mental gelähmt, weiß man nichts mit sich selbst anzufangen, und zur Selbsttherapie versucht man nach einer gefühlten Ewigkeit sich wieder an alten Hobbys (wie zum Beispiel Blog schreiben) zu orientieren ...und dann fällt einem einfach kein gescheiter Inhalt für den Anfang eines endlich mal wieder verfassten Artikels ein. Awkward nennt man sowas. Eine Metapher muss her! Genau, ein passendes Bild, welches als Übergang unmissverständlich funktioniert und durch seine Absurdität genügend Sympathie und Schmunzeln in den Lesern erzeugt, sodass sie den Autor für dessen Gebrauch nicht sofort verurteilen und hängen. Also schwafel ich mal nicht weiter um den heißen Brei herum, sondern springe einfach mal direkt ins kalte Wasser. Das macht ja schließlich mehr Spaß als langsam immer nur eine weitere Stufe hinein in den lauwarmen Swimming Pool zu steigen. Wie macht man das am besten? Richtig: mit einer Wasserbombe! Darum soll sich mein erster Artikel metaphorisch passend um einen aktuellen Kinofilm drehen, der länger angekündigt war, aber dann doch relativ schnell fertiggestellt wurde, einen Sprung wagte, und schlussendlich bei Kritikern sowie normalen Kinogängern ebenso einschlug wie eine Bombe.




Wir befinden uns auf einer desolaten Erde in relativ naher Zukunft. Die Menschheit ignorierte jahrelang ihren Einfluss auf die Umwelt; Ressourcen wurden abgetragen und exzessiv verbraucht. Trockenheit und täglich wütende Sandstürme gehören mittlerweile zum Alltag. Viele Nahrungsmittelquellen sind versiegt. Fleisch gehört lange schon auf die Liste der knapp gewordenen Luxuswaren. So muss ein Großteil der Menschen mehr oder weniger bereitwillig die eigenen Jobs aufgeben und fast schon sozialistisch als Farmer und Bauern zusammenarbeiten, um die paar Getreidesorten, die überhaupt noch existieren können, anzubauen und so das Überleben der gesamten Spezies zu sichern. Durch diese lebensfeindlichen Umstände wird jede finanzielle Investition der Regierung außerhalb des Nahrungsmittelsektors scharf beobachtet und kritisch von der Öffentlichkeit aufgenommen. So kommt es zu einem starken Interessensrückgang in Wissenschaften und die NASA ist zu einem Überbleibsel ihres alten Selbst degeneriert. Doch genau eben diese prophezeit, dass sich allmählich das Ende unserer früher noch so bewohnbaren Welt nähert. Im Geheimen wird nun sie finanziert, um das Weltall zu erkunden, andere Planeten zu entdecken und die Existenz der Menscheit auf einer neuen Erde zu gewährleisten. Nur es fehlt überall an geschultem Personal, da bereits viele Schulen in ihrer Affinität wissenschaftliche Erkenntnisse weiterzuverbreiten, damit ja alle Kinder Farmer werden, einfach keine neuen Fachspezialisten mehr hervorbringen. Hier kommt Cooper ins Spiel. Cooper (gespielt von Matthew McConaughey) ist ein Ex-Pilot der NASA, welcher zu jenen Leuten gehört, die die Arbeit an den Haken hingen und Maisfarmer wurden. Gemeinsam mit seiner Tochter Murphy findet er über das Vorhaben, andere Planeten zu kolonisieren, heraus und entschließt sich, eines der Raumschiffe zu fliegen. Sehr zum Missfallen seiner Tochter. Denn die Distanzen, welche bei dieser Reise überbrückt werden müssen, würden bedeuten, dass Cooper über Jahre hinweg im All umherreist. Was jedoch für ihn in seinem Raumschiff nur 3-4 Jahre sind, könnten auf der Erde Jahrzehnte darstellen. Und die Reise an sich birgt weitere ungewisse Risiken...

Womit wir bei den emotionalen Dilemmata der Charaktere und generell dem Drehbuch angekommen wären. Wie ihr merkt, ist die Geschichte gespickt mit Aufbau und Details. Die Charaktere müssen etabliert werden; die Beziehungen müssen mit Emotionen angereichert werden; die Umwelt der Erde, die neuen Planeten, die Umstände der Reise, die wissenschaftlichen Aspekte müssen erläutert werden; all das beansprucht enorm viel Zeit. Christopher Nolan schafft es zwar, dass der Film trotz seiner doch bemerkenswerten Länge von über (ja, über!) 2 1/2 Stunden nie langweilig wird, aber dennoch braucht man sehr viel Sitzfleisch und hoffentlich einen Kinosessel, der einem keine Hintern- oder Nackenschmerzen beschert. Denn oben lest ihr nämlich nur die grobe Hintergrundgeschichte, welche vielleicht die erste halbe Stunde des Filmes ausmacht. Die Begebenheiten, wie Murphy und Cooper das Vorhaben entdeckt haben, wurde an dieser Stelle von mir gar nicht erst erwähnt. Dafür könnt ihr aber einen der talentiertesten Filmemacher unserer Zeit dabei beobachten, wie er jedem Charakter eine eigene Persönlichkeit zu verleihen weiß. Sei es nun die Vater-Tochter-Beziehung oder die moralischen Abgründe und Ängste der anderen Astronauten. Hier wird Nolan von einem namenhaften Cast unterstützt, der ziemlich teuer gewesen sein muss. Angeführt von den herausragenden Matthew McConaughey und Anne Hathaway ist jeder Schauspieler topbesetzt und motiviert. Außer der Kinderdarstellerin für die Tochter Murphy hat man wohl jeden Schauspieler schon irgenwo mal gesehen. Und selbst die spielt absurd überzeugend für eine so junge Schauspielerin! Normalerweise versagen Kinder in solchen präsenten Rollen eher häufig.




Wie ihr vorhin schon gelesen habt, sind auch wissenschaftliche Ideen ein großes Kernelement in Interstellar. Muss es ja auch sein, wenn man einen halbwegs glaubwürdigen Weltraumfilm in dieser finanziellen Größenordnung fabrizieren möchte. In der langen Laufzeit des Filmes nehmen die Erläuterungen zum Glück nie Überhand, aber die schiere Vielfalt könnte bei manchem Kopfzerbrechen auslösen. Hier also eine kleine Warnung, falls einen sowas überhaupt nicht interessiert. Es werden nämlich unter anderem Theorien behandelt wie: Was passiert in der Nähe eines schwarzen Loches? Wie funktionieren und sehen Wurmlöcher in dreidimensionalen Raum aus? Gibt es mehr als nur drei Dimensionen? Wie funktioniert Zeitdilatation? Einfluss von Gravitation auf Zeit? Generell sehr viel Relativitätstheorie. Lasst euch von meiner Warnung aber nicht vollkommen abschrecken! Der Film bietet in so vielen anderen Aspekten reichlich Tiefe und Unterhaltung, und wenn man dieses Blabla bei allzu großem Desinteresse ignorieren kann, kann man dem Film ebenfalls genug abgewinnen. Die Erklärungen wurden außerdem alle unter den wachsamen Augen von anerkannten Wissenschaftern und sogar Nobelpreisträgern in das Drehbuch integriert, sodass sie stets wissenschaftlich, kontextuell, und auch visuell Sinn machen, aber für Laien nicht zu kompliziert dargestellt werden bzw. nicht zu vereinnahmend sind. Christopher Nolan ist sich durchaus bewusst, dass dieser Teil des Filmes wohl nicht jeden begeistern wird, und übt sich aus meiner Sicht gekonnt an einer Gratwanderung zwischen Mainstream-Unterhaltung, wissenschaftlicher Genauigkeit, und Fantasie. Der gewaltigen Bild- und Soundkulisse tut es zumindest nichts ab.

Mankos gibt es aber leider überall. Nichts ist perfekt. Genauso Interstellar nicht. So zählen zu den Schwachstellen des Filmes eben unter anderem jenes Drehbuch, welches mit einem etwas zu .... nunja, sagen wir mal "freizügigen" Ende aufwartet, welches ein bisschen zu sehr auf die Schnulz- und Kitschdrüse drücken möchte. Hier nahm sich Nolan doch ein klein wenig zu viel erzählerischen Freiraum trotz aller entgegenstehenden Logik und Notwendigkeit, um das Ende in eine Richtung zu biegen, die ihm zusagt, da er noch einen Aha-Effekt einbauen wollte. Versteht mich bitte nicht falsch. Das Ende ist visuell und emotional großartig inszeniert und ich liebte es! Aber es wirkte zeitgleich so fehl am Platz. Neben dem Gedanken "Geil!" schwirrte in meinen Synapsen ständig parallel der Gedanke "Wirklich?! Wozu???" herum. Kurzum: trotz allen Bemühens kommt der Film über so manche Plotlücke nicht hinweg. Ein weiterer, aber recht schwacher Kritikpunkt ist der Soundtrack. Hans Zimmer versteht sein Handwerk und die Musik reißt einen mit, wird nie aufdringlich oder nervig, und hört sich epochal an. Nur ist sie nach einer Weile leicht repetitiv.




Dennoch, obwohl der Film zugegebenermaßen nicht perfekt ist, lese und höre ich von Filmkritikern teilweise viel zu harsche Reviews und negative Meinungen. Dieser Film ist in jeder erdenklichen Art bemerkenswert und verdient keine Scores von 6/10 Punkten, 3 von 5 Daumen, oder "watchable/serviceable". Generell sind diese Nummernspiele nicht sehr viel wert, da sie einfach zu brachial Filme oder Spiele oder was auch immer in Kategorien einzugliedern versuchen, und wie bei realen Konflikten muss jeder Konflikt eigen betrachtet werden. Lasst euch von schlechten Reviews nicht zu sehr beeinflussen, die Nolan als Regisseur oder gar das gesamte Drehbuch niedermachen, welches Schwachstellen aufweist, aber verzeihbare Schwachstellen. Wobei wir schon zum Artikelende gelangen.

Zusammengefasst ist Interstellar ein Schmaus für Augen und Ohren, und wartet mit einer Geschichte auf, die sich gewaschen hat. Der Film spielt mit wissenschaftlicher Präzision sowie auch hypothetischen Ideen herum. Übt sogar hier und da leichte Sozialkritik am menschlichen Umgang mit Natur und Wissenschaft. Primär zielt der Film auf jene ab, die mit dem Science Fiction Genre ein bisschen mehr als andere anfangen können, ist aber eben nicht nur ein klassischer Science Fiction Film im eigentlichen Sinn. Er nimmt euch auf eine atemberaubende Reise durch das Weltall mit und wenn man sich darauf einlässt, kann er euch auch emotional tief im Herz treffen. Nicht nur einmal kamen mir die Tränen. Interstellar ist ein Weltraumepos mit einer nur seicht definierten Zielgruppe. Egal ob man ein Familiendrama mit weltklasse Schauspielern; tolle Bilder von visuell beeidruckenden, fremden Welten; einen spannenden SciFi-Film, welcher seine Hausaufgaben gemacht hat, sehen will; oder einfach nur seinen philosophischen und wissenschaftlichen Horizont erweitern möchte. Unterhalten tut dieser Film im Kino wahrscheinlich jeden auf die ein oder andere Weise. Top-Erlebnis!

santi

15. Juli 2013

Black Mesa

Ihr kennt das doch sicher auch. Euch ist langweilig übers Wochenende, seid aber zu faul eine neue Aktivität anzufangen. Eine neue Fernsehserie zu beginnen, ein neues Buch lesen, ein neues Videospiel spielen, ...die Motivation für etwas neues fehlt einfach. Also findet man sich eine alte Aktivität und beschäftigt sich zum Erbrechen mit dieser! Auf einmal schaut man eine ganze Nacht lang die erste Staffel seiner Lieblingsserie Futurama durch, oder liest zum Spaß halber nochmal alle Herr der Ringe oder Harry Potter-Bücher, oder man schaut sich alle Star Wars-Filme nochmals an (in der Machete-Order wohlgemerkt). Hauptsache nichts neues anfangen und die alte Sache exzessiv wiederaufleben lassen. Mich packte das Retro-Fieber ebenfalls, nur meine Droge nannte sich Half-Life. Ein spielbarer Action-Science-Fiction-Meilenstein für den PC von der Firma Valve aus dem Jahre 1998 wie man ihn zuvor noch nie sah. Und auch seine Fortsetzung war und ist immer noch ein pompöses Meisterwerk, welches weiterhin noch komponiert wird und auf einen gelungen Abschluss in Half-Life 2: Episode 3 wartet. Über die Tage hinweg rannte ich nun durch City 17, seine Kanalisationen und die herumliegenden Wälder, stets wissend, dass der letzte Teil wohl noch länger bis zu seiner Veröffentlichung braucht und der Frust über diese Tatsache durch ein erneutes Durchspielen diese außerweltlichen Videospielserie wohl nicht gestillt wird. 

Aber Stopp! Während am Ende in Episode 1 die Zitadelle der Combine abermals in einem Meer aus Licht und Schall direkt vor meinen Augen in sich zusammenbrach, kam mir eine Erinnerung zugeflogen. Eine Erinnerung an ein Projekt von Videospielfanatikern wie meinesgleichen. Sie tauften ihr Unterfangen Black Mesa und nahmen die technologisch fortschrittlicheren Physik- und Grafikwerkzeuge der Fortsetzung Half-Life 2 (2004) und bauten damit den ersten Teil von vor 6 Jahren nach. Dieses Projekt zog sich scheinbar endlos in die Länge und hat die Herzen der sehnlichst Wartenden wohl genauso bluten lassen wie Valve es derzeit mit Episode 3 macht. Hingegen anders als die Computerspielfirma vollendete das sogenannte Black Mesa-Team doch noch vor Valve, was sie sich vornahmen, und stellten ihre Modifikation letzten Oktober online und gratis ins Netz. Nun kann man auch den ersten Teil aus dem Jahre '98 in der prächtigen Source-Engine genießen und erlebt den Anfang vom Untergang des Lambda-Komplexes in einer atemberaubenden grafischen Schönheit, wie man es sich seit der Fortsetzung wünschte.




Aber genug poetisch und schwärmend palavert, kommen wir lieber zu den harten Fakten und zum Spiel an sich! Taugt Black Mesa etwas? Diese Frage könnte ich mit einem simplen "Ja" tatsächlich einfach so stehen lassen, aber wir wollen ja Details! Vorneweg haben die Programmierer mit dem Spiel Black Mesa nicht nur versucht, die Atmosphäre des Originals einzufangen, sondern sie um essentielle Facetten zu bereichern. So sieht die virtuelle Spielwelt nicht nur besser aus und hört sich besser an, sondern es wurden auch etliche neue Stimmen und Dialoge aufgenommen, um den auftretenden Personen mehr Charakter zu verleihen. Es wurden viel mehr herumliegende Gegenstände in die Spielwelt eingebaut, um den Lambda-Komplex belebter wirken zu lassen, und leere Passagen wurden clever um Rezeptionstische, Sofas, Maschinen, Bürotische, Getränkeautomaten, etc. erweitert. Jede gebaute Ecke in der physikalischen Einrichtung hat nun einen erkennbaren Zweck und existiert nicht nur, weil die damaligen Mapping-Instrumente keine Details zuließen oder die Original-Entwickler keine Texturen für diese Objekte zur Verfügung hatten. Hier wurde nicht nur nachgebaut, sondern intelligent darüber nachgedacht, was Valve damals für eine Vision von Half-Life hatte, aber es damals eben nicht in die Tat umsetzen konnten.

Hinzukommt ein extra für diesen Titel komponierter Soundtrack von Joel Nielsen, der mit den musikalischen Untermalungen von großen Blockbuster-Titeln nicht nur locker mithält, sondern sie sogar überbietet. Seien es nun actiongeladene, hektische Gitarrenriffs oder ruhige, Ambiente-Musiksegmente. Das Spiel hört sich nicht nur unglaublich geil an, sondern Joel hat es hier tatsächlich geschafft, eine Essenz von Half-Life einzufangen, die es bis dato nicht gab. Der Soundtrack samt seinem Erschaffer verdienen einen stehenden Applaus! Das erste Mal in meinem Leben ziehe ich es wirklich in Erwägung, den Soundtrack online als Download zu erwerben, einfach nur um Nielsen als unabhängigen Künstler zu unterstützen. Der Soundtrack alleine ist das Spielen fast schon wert.


Der offizielle Trailer.


Ansonsten spielt sich Black Mesa wie gehabt. Man erlebt die Resonanz-Kaskade tief unter der Erdoberfläche hautnah mit und muss sich seinen Weg springend und schießend an die Oberfläche bahnen, um eine drohende Alieninvasion zu verhindern. Da das Spiel dieses Mal auf der Source-Engine basiert, wurde auch das Menü mitverändert. So kann man wie in Valve-Spielen üblich nun endlich vor Spielbeginn das Kapitel auswählen und so schnell zur gewünschten Stelle springen. Als netten Bonus haben die Programmierer Achievements eingebaut. Diese steigern den Wiederspielbarkeitswert nur ein klein wenig, da man die meisten Sachen wohl ohnehin unbewusst im ersten Durchlauf erledigt.

Die Modifikation besitzt aber zwei Haken. Erstens, die geringere Spielzeit, da manche Passagen verkürzt oder sogar ganz ausgelassen worden sind. Dies geschah aber nicht aus Faulheit oder Ideenlosigkeit, sondern aus den simplen Überlegungen heraus, den Lambda-Komplex realistisch als physikalisch experimentelle Einrichtung darstellen zu wollen. Zweitens, das Fehlen von Xen. Hier traten während der Entwicklung tatsächlich technische Probleme und Dispute über die Umsetzung der Grenzdimension auf, sodass man den Rest schon vorzeitigt veröffentlichen wollte und Xen in Zukunft vielleicht nachgereicht wird. Dies steht aber leider noch in den Sternen und das Spiel endet mit dem Sprung ins Portal. Diese Dinge lassen aber nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass Black Mesa ein absolut gelungenes Revival und für jeden Fan der Serie ein Pflichtdownload ist! Es ist zwar leider kein Ersatz, aber versüßt doch ein klein wenig die Wartezeit. Jetzt heißt es wieder weiter auf Episode 3 hoffen...

santi



PS: 
Hier nochmals der Link zur Projektseite. Dort findet ihr auch prompt die Downloadmöglichkeiten für das Spiel und seinen grandiosen Soundtrack: www.BlackMesaSource.com

10. Juli 2013

Orcs Must Die! 2

Sicher erinnert ihr euch noch an das Strategie-Shooter-Feuerwerk im Mittelalter-/Fantasysetting Orcs must die!. Man versuchte eine Horde Orks, welche in bestimmten Intervallen auf einen zugerannt kamen, im klassischen Stil eines Tower-Defense-Spieles daran zu hindern, von A nach B zu gelangen. Dies tat man entweder mit Hindernissen wie Barrikaden, Stachelfallen, Ballisten, Teergruben, giftigen Pilzen, explodierenden Lockvögeln oder was nicht noch alles, oder man warf sich mit dem eigenen Boxhandschuh, Speer, Schwert oder Armbrust in den Tumult hinein, sollten die Fallen nicht mehr ausreichen. Leider musste man dies in vergangenen Zeiten noch alleine tun und sehnlichst wünschten sich viele Spieler einen Freund herbei, mit dem man gemeinsam die Flure, Hallen und Brücken der zu verteidigenden Schlösser mit dem Blut seiner Feinde tränken konnte. Nun, die Fans wünschten es sich, Robot Entertainment lieferte. KOOP für das Ork-Schnetzel-Spiel Orcs must die!. Jetzt kann man sich endlich zu zweit gegen die heranschwappenden Wellen der grünen Flut behaupten, an Strategien tüfteln und inbrünstig Verzweiflungsschreie entgegen den Bildschirm brüllen, während man Schulter an Schulter inmitten von Orks, Kobolden, Gnomen, Trollen und Zyklopen untergeht. Ein Spaß für die ganze Familie! Na gut, für zumindest 2 Leute dieser Familie!

Orcs must die! 2 setzt die Geschichte des ersten Teiles fort. Die Rifts wurden geschlossen und somit die Orkhorden aufgehalten. Leider floss aus den Rifts auch die Magie in die Welten der Menschen und Orks, und ohne den Rifts droht diese zu versiegen. Und nicht nur das, denn scheinbar sind die Menschen in dieser Fantasywelt vollkommen abhängig von dieser Magie, um Landwirtschaft zu treiben, Tiere zu jagen, Früchte zu pflücken ...einfach alles, um an Nahrungsmittel zu kommen ist abhängig von Magie. Ohne dieser Magie droht ihnen also der sichere Hungertod. Daher müssen die Rifts wieder geöffnet und erneut von den herannahenden grünen Barbaren verteidigt werden. Was ein Schwachsinnsszenario, aber immerhin wird in Orcs must die! auf den Plot ohnehin nicht so viel Wert gelegt. Denn in diesem Spiel geht es um Orkse meeeeeetzeeeeeeln! Und das verstehen die Programmierer von Robot Entertainment schon eher geschickt in die Tat umzusetzen.

Was bringt denn der zweite Teil nun mit sich? Zuallererst einmal neue Waffen und Fallen. Braucht man das? Eigentlich nicht. Neue Gegner kommen auch dazu, aber das ist eigentlich auch nur netter Schnickschnack und wird meist vom Spieler gar nicht wahrgenommen. Neue Level...das sollte ja selbstverständlich sein. Die beeindruckenden Extras von dem Spiel lassen sich also an einer Hand abzählen. Um genauer zu sein, an einem Finger.Kooperativer Zweispieler-Spielmodus! Alle Level sind darauf ausgelegt, sie mit einem Freund zu spielen. So gilt es meistens nicht nur 2, sondern gleich 3 oder gar 4 Korridore zu befestigen und zu halten. Alleine ist dies auf dem normalen Schwierigkeitsgrad zu Beginn des Spieles zwar noch möglich, aber in den späteren Levels oder auf höheren Schwierigkeitsgraden braucht man schon die Reflexe und Geschicklichkeit eines Japaners oder Koreaners, um einen Sieg mit voller Punktezahl zu erringen.

Nicht nur die Level sind auf ein Zusammenspiel ausgelegt, auch das Inventar verändert sich. Spielt man alleine, kann man bis zu 10 Waffen und Fallen mit sich tragen. Spielt man jedoch mit einem Partner, beschränken sich eure Möglichkeiten auf 5-6 Gegenstände, die ihr bei euch tragen könnt. Absprache ist daher ein absolutes Muss! Wenn einer von euch eine Teergrube mit hat, braucht der andere gewiss keine Frostfalle. Zusätzlich dazu müsst ihr euch zu Beginn des Spieles zwischen dem Kriegsmagier und der Zauberin entscheiden. Beide tragen jeweils andere Waffen und Fallen mit sich und spielen sich auch leicht verschieden, was eine Absprache natürlich noch interessanter macht. Der Kampfmagier hat zum Beispiel eine wesentlich größere Gesundheitsanzeige und mehr Nahkampfwaffen, schmeißt sich ergo viel lieber ins Getümmel. Die Zauberin andererseits besitzt wenig Gesundheit, aber dafür umso mehr Fernkampfwaffen und Mana für Magie, und agiert daher lieber aus dem Hintergrund. Für jeden also etwas dabei.


Hach ja, Seite an Seite kämpfen. 
Zum Glück gibt es kein Friendly Fire.


Abgesehen vom Koop hat sich auch das Freischaltsystem verändert. So erhält man nicht nur erst nach erfolgreichem Abschluss eines Levels neue Fallen und Waffen, um diese mit eingesammelten Schädeln (quasi die Währung des Spieles) aufzupimpen und stärker zu machen, sondern man verwendet diese Schädel nun ebenfalls, um sich selbst neue Gegenstände zu kaufen, die man im normalen Spielverlauf nicht freischalten würde. Die Schädel können dieses Mal auch durch ein erneutes Abschließen eines Levels verdient werden, anders als im Vorgänger, in welchem man seine Schädel noch klug einsetzen musste, da diese nur begrenzt vergeben wurden. Dies fördert den Wiederspielbarkeitswert immens, da man ständig seine Schädel sammelt und in neue Gegenstände oder Upgrades investiert. Auf der anderen Seite macht dies natürlich den Schwierigkeitsgrad des Spieles ein bisschen obsolet, da man sich durch das Sammeln der Schädel bereits früh ein sehr individuelles Set an Waffen und Fallen zusammenstellen kann, und man es somit gegen die Orks leichter hat, sollte man vorher genug Zeit in das Spiel gesteckt haben. Ob einem dieser Entwicklungsschritt gefällt, muss jeder für sich entscheiden. Ich bewerte diese Veränderung eigentlich recht positiv, da nun meine Spielzeit, egal was ich mache, belohnt wird, und ein sogenanntes "Verskillen" quasi nonexistent ist. Bedauerswert ist aber, dass das System mit den temporären Boni, die man sich vor Beginn jeder neuen Karte aussuchen konnte, wegfiel. Dieses Feature brachte neben der richtigen Auswahl der Fallen ein bisschen mehr Tiefgang in die Strategien hinein. Schade.

Eine nette Erweiterung am Rande sind noch die verfügbaren Spielmodi. Man hat nämlich nicht nur die neuen Level zu Verfügung, sondern kann auch jederzeit zu zweit die Level aus dem ersten Teil zusammen wiederspielen. Hinzukommen auch noch ein Endlosmodus, welcher gegen Welle 45 fast schon unmöglich zu bewältigen wird, und eine Weekly Challange (man muss einen bestimmten Level mit einem vorgegeben Set an Waffen und Fallen spielen). Diese beiden Modi machen ein Einschalten des Spieles alle paar Wochen wesentlich attraktiver und zögert die Abnützungserscheinungen des Titels um ein Vielfaches heraus.

Resümee: Durch die mangelnde Qualität der Geschichte wirkt das Spiel alles in allem leider eher wie ein Add-On mit vielen zusätzlichen Waffen, Levels, Fallen und einem Koop-Modus, als wie eine Fortsetzung um die Geschichte weiterzuerzählen. Sollte man mit dem ersten Orcs must die! zufrieden gewesen sein und den Koop-Modus nicht brauchen, dann kann man getrost dem Nachfolger fernbleiben. Denn das ist wirklich die einzige große Stärke von Orcs must die! 2: der Koop-Modus. Solltet ihr noch keinen der beiden Titel besitzen, so rate ich, dass ihr euch für einen von beiden entscheidet, da sie eigentlich genau das gleiche Spiel sind. Wollt ihr lieber Einzelspieleraction? Dann greift zum ersten Teil. Wenn euch Multiplayer besser gefällt, dann ist wohl der zweite Teil die bessere Wahl. Den geringen Wissensverlust bezüglich der Story kann man beruhigt ignorieren. Trotz allem macht der Titel Orcs must die! 2 nichts wirklich falsch und ist eine Menge Spaß zu spielen!

santi

5. Juli 2013

World War Z: An Oral History of the Zombie War

Yeah, Trailer vor einem Kinofilm sind fast ein größeres Highlight als der Film selbst! Na mal sehen: Aha.... 0815 Liebeskomödie.... Uh, die Doku könnte vielleicht ganz interessant sein, aber bei DEM Publikum im Saal wird diese Werbung wohl wenig fruchten ....neargh, noch ein sinnloser Actionfilm und unzählige millionen Dollar verschwendet -_- .... Juhu, es ist eine weitere Comicbuchverfilmung von Marvel! Scheiß auf die millionen Dollar! ....Was kommt denn nun? Brad Pitt mit einem dünnen Schal mitten im Sommer. Macht der jetzt auf Hipster? Aha, es rennen viele Menschen vor irgendetwas weg. Brad läuft mit. Man sieht noch nicht wirklich irgendwas. Wird wohl ein Katastrophenfilm sein. Oder irgendein Monsterfilm. Jetzt sieht man auf einmal Schiffe auf dem Meer.... das erinnert mich doch an etwas. Katastrophen und Zuflucht auf dem Meer klingen verdammt vertraut. Nur woher? Oje, mir ahnt übles. Oh Gott, bitte lass die Katastrophe keine Zombieapokalypse sein.... NEEEEEIIIIIN, es sind wirklich Zombies! Bitte lass es keine Verfilmung von dem grandiosen Buch World War Z sein! .....AAAAAAHHHHH, es ist die Verfilmung!!! Rettet euch! Rettet euch solange ihr noch könnt!!!!!




Es ist wirklich zum Heulen, denn kein Buch bleibt von der schreibfaulen Hollywood-Industrie verschont. Ich weiß nicht einmal, wo ich anfangen soll rumzumeckern, so sehr hält sich meine Begeisterung über den kommenden Kinofilm in Grenzen. Aber ich sollte wohl nicht voreilig Schlüsse ziehen und rumraunzen. Vielleicht wird der Film ja sogar ganz gut, wenngleich er an die Buchvorlage niemals herankommen wird! Hmpf, immerhin steht der Trost über diesen Zwiespalt in Papierform nur 4 Meter weit weg in meinem Bücherregal und weckt Erinnerungen an bessere Zeiten, in welchen Drehbuchautor noch selbst Geschichten erfanden und ich statt für die Uni zu lernen, lieber auf dem Sofa gelegen bin und ein Buch gelesen habe. Und ein paar von euch kennen mich gut genug, um zu wissen, dass solch ein Ereignis eher selten stattfindet, und es sich dementsprechend um ein verdammt gutes Buch handeln muss! Also warum nicht zuerst über das Buch, auf welchem der Film basiert, schreiben, anstatt rumzumeckern? Worum es in World War Z des Autors Max Brooks (Sohn des berühmten Mel Brooks (Spaceballs)) geht, wisst ihr ja schon: die Zombieapokalypse bricht aus bzw. brach aus, denn alle in dem Buch geschilderten Ereignisse finden in der Vergangenheit der eigentlichen Geschichte statt. Aber gehen wir lieber nochmal auf Anfang.

In der Einleitung des Buches will ein engagierter UNO-Mitarbeiter einen Bericht über die sogenannten Z-Kriege verfassen, da viele Dokumente und Daten noch in Zusammenhang gebracht und katalogisiert werden müssen. Sein direkter Vorgesetzter erkennt jedoch die Leidenschaft, mit welcher dieser junge Büroangestellte zu Werke geht, und meint zu diesem, er könne doch gleich ein Buch aus Augenzeugenberichten schreiben, welches zugleich den umfassenden Abschlussbericht darstellt. Und schon macht sich nach nur 3 Seiten Einleitung unser Büroangestellter auf eine lange Reise um die Welt, um als Hobbyjournalist Menschen zu interviewen. Darum geht es in dem Buch: man liest selten die eigenen Worte der Hauptperson, falls man sie so überhaupt nennen kann, da sie ja nur einen zweckmäßigen Rahmen erstellt, um den Stil der Erzählung zu rechtfertigen, ...man liest nie die eigenen Worte dieser Hauptperson, sondern immer nur die verschiedenen Schilderungen von bereits in die Jahre gekommenen Leuten, welche die Zombieinvasion vor einigen Jahren überlebt haben. Alle paar Seiten wechselt also die Perspektive und der Standort. Daher auch der Untertitel "An Oral History...". Nach und nach berichten diese Personen nun, was sie so erlebt haben, und man erhält einen netten Überblick, wie die Leute in verschiedenen Erdteilen den Ausbruch der Invasion mitbekamen und um ihr Überleben kämpften, was uns auch schon zum interessantesten Aspekt des Buches bringt. Objektivitität versus Subjektivität.

Obwohl der Autor unglaubliche Raffinesse und Kreativität an den Tag legt über Faktoren, die bei so einer Apokalypse mitspielen, beschränkt er durch diesen losen Zusammenhang von vollkommen willkürlich ausgewählten fiktiven Interviewpartnern enorm das Verständnis über die Dinge, die überhaupt passieren. So erfährt man zum Beispiel nie, wie die Invasion genau ausgebrochen ist, oder was mit dem einen Staat passiert ist, obwohl zu Beginn noch genau dieser Staat erwähnt wurde. Es bleiben so viele Fragen offen, eben bedingt durch den Erzählstil des Buches. Der Leser bekommt trotz eines extrem süchtig machenden Stilmittels nie vollständige Antworten auf seine Fragen und bleibt nach Beendigung des Buches ein bisschen in der Luft hängen gelassen. Die Struktur mit den Interviews ist im doppelten Sinne aber genial von dem Autor gewählt. Er schafft dadurch nicht nur eine außergewöhnliche Rahmenhandlung, die es alleine schon wert ist, gelesen zu werden, sondern entzieht sich damit zugleich jeglicher Verantwortung, schlussendlich abschließende Antworten vorlegen zu müssen. BÄM, Geniestreich!

Auf der anderen Seite erfindet Max Brooks SO viele (ja, ich muss es großschreiben, da es wirklich viele sind) fiktive Personen und Geschichten zu ihnen, dass man ihm trotz der offenen Antworten am Ende nicht böse sein kann. Er verleiht jeder Person alleine schon durch die Art wie sie redet und gestikuliert so unglaublich viel Authentizität, Diversität und Einzigartigkeit, sodass man sich ihre Erlebnisse derart im Kopf verinnerlicht, als sei man selbst auf der Flucht vor den Zombies gewesen, als sei es eine echte Person, die hier ihre Geschichte erzählt und kein erfundener Charakter. Durch diese schiere Menge an Erzählfiguren, erhält man nun widersprüchlicherweise doch genug Objektivität über die Ereignisse, aber eben immer nur aus der Sicht eines Einzelnen und nie das gesamte Bild.

Hinzukommt, dass Brooks Faktoren berücksichtigt, an die Ottonormalverbraucher nicht mal denken würden. Eine "kurze" Liste:
  • Wie verhalten sich Tiere, speziell Hunde gegenüber Zombies? Kann man dies zu seinem Vorteil nützen? Jagen Zombies wirklich nur Menschen?
  • In welchen Regionen sind Untote überlebens- bzw. fortbewegungsfähig? Speziell in verschneiten Regionen oder im Meer.
  • Sind Inseln wirklich die beste Zufluchtsmöglichkeit?
  • Wie sehr am Arsch sind eigentlich Astronauten im Orbit?
  • Warum funktionieren biologische, chemische und nukleare Waffen nicht? Wie genau funktioniert die Anatomie eines Zombies und sein Stoffwechsel?
  • Welche Kampfstrategien können entwickelt werden? Welche politischen Maßnahmen sind erfolgreich? Entstehen vielleicht Grenzkonflikte zwischen bestimmten Staaten aufgrund von Flüchtlingsströmen?
  • Wie sieht die Zivilisation nach einer Zombieinvasion aus?
  • Welche Staaten behaupten sich? Wie entwickeln sie sich nachher weiter? Wird es neue Großmächte nach so einer Invasion geben?
  • Und zu guter Letzt: Warum bricht eigentlich Chaos bei so einer Invasion aus? Und bekommt man überhaupt wirklich ALLE Zombies wieder von der Erdoberfläche weg?
An manche von diesen Überlegungen habe ich persönlich noch nie gedacht, zum Beispiel dass sich Israel und Kuba hervorragend auf eine derartige Attacke von Untoten einstellen könnten. Brooks stellt diese Überlegungen nicht nur an, sondern versucht kritisch über sie nachzudenken und sie vernünftig durch logische Argumente zu erklären. Paart man diesen Umstand nun mit den liebevoll gestalteten, zahllosen Charakteren und dem ambitionierten Erzählstil, erhält man so am Ende ein Zombiebuch, was sich immens spannend, interessant und mitreißend, zugleich auch erschreckend realistisch, emotional und clever liest. Der Film kann an diese vielschichtige Tiefenstruktur des Buches einfach nicht herankommen, da es (tut mir leid, Brad Pitt) einfach keine Hauptfigur gibt, geschweige denn einen linearen Handlungsablauf. Das, was ich vom Trailer gesehen habe, zeigt keine Verfilmung der Vorlage, sondern einen Actionfilm mit Zombies, mehr oder weniger basierend auf der Vorlage. Aber naja, ob man am Ende trotz der offenen Aspekte befriedigt oder unbefriedigt den Kinosaal verlässt oder das Buch zuklappt, hängt halt stark davon ab, was man sich von einem Film bzw. einem Buch (oder generell einer Geschichte) erwartet. Das Buch bleibt auf jeden Fall jedem zu empfehlen, der sich für Science Fiction, Fantasy, Thriller, Zombies oder Endzeitszenarien begeistert.

santi

31. Mai 2013

Men in Black 3


Habt ihr schon mal so etwas richtig Peinliches gemacht und euch gewünscht, im Boden zu versinken? Aber warum im Boden versinken? Es wäre doch viel effektiver, das Gedächtnis aller Beteiligten einfach auszulöschen. Am besten auch gleich mit einem Blitz-Dings aus dem Men in Black-Franchise. Ihr könnt es nicht leugnen, denn ich weiß, dass jeder von euch gerne so ein Gerät hätte! Und stellt euch vor, nach Men in Black 2 waren meine Erwartungen in den dritten Teil, welcher liebevoll MiB3 abgekürzt wurde, so gering, sodass ich bereits prophezeit habe, mich wahrscheinlich danach selber blitzdingsen zu wollen. Na mal schaun...




Im New York unserer Gegenwart (und wahrscheinlich noch an einigen anderen Orten auf der Erde) leben bereits seit Jahrzenten Aliens unter uns. Manchmal sogar wörtlich unter uns. Um nicht aufzufliegen und ihre Existenz geheim zu halten, versuchen sie sich mit unauffälligen und auffälligen Kostümen zu tarnen. Dies ist auch nötig, denn so gestört wie manche Menschen sind, würden sie entweder sofort in Panik ausbrechen ("Oh Gott, wir sind nicht allein!!!") oder sie mit Interviews und Fragen belagern. Vielleicht würden sie einige von ihnen sogar für Experimente einsperren. Solche kurzsichtigen Handlungen könnten aber weitreichende Folgen haben, da sonst ein interstellarer Krieg ausbräche. Eine illustre Organisation der Regierung weiß natürlich von diesen Außerirdischen und möchte deren Identitäten ebenfalls geheim halten. Obwohl die Regierung der USA dies selbstverständlich niemals zugeben würde. Diese Behörde stellt auch Visa für unseren Planeten aus, um die Aliens auf diese Weise während ihres Aufenthaltes überwachen zu können. Sollte sich ein Alien nicht bei ihnen um eine Aufenthaltsbewilligung melden, ist dessen Aufenthalt dementsprechend illegal und es darf der Erde verwiesen oder gar gefangengenommen werden. Immerhin geht es bei so einer extraterrestrischen Einreise auch um nationale und internationale Sicherheit. Diese Behörde trägt den Namen Men in Black und eigentlich kann man sie auch einfach als das Weltall-FBI der Erde bezeichnen.

Das ist mal die Grundstruktur des Franchise. Nun kam kurz vorm Sommer 2012 bereits der sage und schreibe dritte Film in die Kinos, und da das Franchise bereits seit über einem Jahrzehnt existiert hat und der zweite Film eher negative Kritik einstecken musste, dachte und hoffte man lange Zeit, die Ideen der Drehbuchautoren seien erschöpft und es werden keine neuen Filme mehr erscheinen. Die Comicvorlage erfreute sich dennoch weiterhin großer Beliebtheit. Im ersten Film erscheint bei den Men in Black der Neuzugang J, gespielt von Will Smith. Sein Mentor innerhalb der Organisation ist K, gespielt von Tommy Lee Jones, dem diese ausdruckslose Rolle hervorragend steht und man schon fast sagen könnte, dass sie ihm wie ein Smoking maßgeschneidert wurde. Ist "maßgeschneidert" eigentlich ein Verb? Ach, ich benutze es trotzdem. Fällt eh niemandem auf...

Nachdem im ersten Teil alles schön chaotisch den Zusehern nähergebracht wurde und J sich in die Organisation integriert hatte, ging der bereits in seine Jahre gekommene K in Pension und ließ sein Gedächtnis mit dem berühmten Blitzdings-Gerät löschen. Inhalt des zweiten Filmes ist es, K sein Gedächtnis wiederzubeschaffen und ihn erneut für die Organisation zu gewinnen. Im dritten Teil bricht nun ein Alien namens "Boris, das Tier" aus einem Hochsicherheitsgefängnis auf dem Mond aus, gelangt zurück auf die Erde und reist in die Vergangenheit zurück, um den jungen K, welcher für Boris' Festnahme verantwortlich war, zu eliminieren, damit er diese ganze Zeit nicht in Gefangenschaft verbringen muss und als Rache nun die menschliche Rasse auslöschen kann. Nach dem K aus unserer Gegenwart verschwunden ist, reist J (Gott, diese Buchstaben als Namen sind sau anstrengend) ebenfalls in die Vergangenheit, um eben genau dessen Ermordung zu verhindern und so das Raum-Zeit-Kontinuum aufrechtzuerhalten.


Josh Brolin verkörpert den jungen K grandios. Und er schafft es,
dieses ausdruckslose Gesicht den ganzen Film über beizubehalten!

Eines vorne weg: die Story ist wesentlich besser als die des zweiten Filmes und die Macher lassen sich immer neue und schrägere Aliens einfallen. Dies sind zwei Pluspunkte für den Film. Aber man merkt den ganzen Film hindurch, dass dieses Franchise wirklich keinen dritten Film mehr gebraucht hätte und dieser Streifen kein Ergebnis von ambitioniertem Storytelling ist, sondern man Geld scheffeln und keine einfallsreiche Geschichte erzählen wollte. Die Geschichte wurde quasi um die Gags herum konstruiert und nicht umgekehrt. Ja, sie ist besser als im zweiten Teil, aber eben auch nicht sonderlich gut. Besonders scheitern die Autoren mal wieder, wenn es um Zeitreisen geht. Und auch hier ist das Drehbuch mit Logikfehlern und simplen Zeitreiseausrutschern durchtränkt. Boris kann einfach nicht in die Vergangenheit reisen, um K umzubringen. Täte er dies, würde er ja nicht mehr im Gefängnis sitzen, um dann in der Zukunft K umbringen zu wollen und dementsprechend würde er dann die Reise in die Vergangenheit auch nicht mehr unternehmen. Natürlich kommen dann noch kleinere Ungereimtheiten wie "Schall im Weltraum" und "Die Wachen des Gefängnissen sind alle Idioten" vor. Aber diese Ausrutscher haben irgendwie einen Unterhaltungswert für sich.

Mir kam stellenweise auch der Gedanke, als ob die Macher an den falschen Stellen Zeit gespart hätten. So bleiben viele potenzielle Witzquellen ungenutzt und werden lieber mit Actionszenen ersetzt. Beispiel: Will Smith aka J reist ja in die 1960er der USA, wo es immer noch offenen Rassismus gegenüber Afro-Amerikaner gab. Er sollte es also relativ schwer haben, an Informationen zu kommen oder sich vollkommen frei im Alltag bewegen zu können. Aber nein, stattdessen gibt man dieses konfliktreiche Potenzial nur wenig Chance und baut diesbezüglich eine schwache Szene mit Autodiebstahl ein, welche zwar durchaus gelungen ist, aber naja...

Die größte Meisterleistung, die dem Film doch noch eine positive Kritik abverlangt, bewerkstelligt Josh Brolin (No Country for old Men, Milk, Mimic) als junger K der Vergangenheit. Das irgendjemand Tommy Lee Jones in jungen Jahren so authentisch wiedergeben kann wie er, bezweifle ich stark, und daher ist Josh das Highlight des Filmes. Von Tommy Lee sieht man leider nicht allzu viel und Will Smith, der 20 Minuten lang eine One-Man-Show abzieht, wirkt auch schon eher von den MiB-Filmen gelangweilt. Aber wahrscheinlich hatte er zu dem Zeitpunkt der Dreharbeiten keine anderweitigen Verpflichtungen in anderen Filmproduktionen zu erfüllen.

Wie dem auch sei, kommen wir zum Fazit. Men in Black 3 ist sehr leichte, aber auch sehr amüsante Kost mit einem soliden Cast, guter Optik, kreativen, wenn auch bereits sehr abgewetztem Humor, viel Fokus auf eben diesen Humor und auf Action, und unterhaltsamer, aber trotzdem immens schwacher Geschichte, die sich scheinbar vor Logik regelrecht verstecken will, damit der Plot funktioniert, und stattdessen lieber auf Randomness baut. Besser als der Vorgänger ist er auf jeden Fall, aber an den ersten Teil kommt er leider nicht heran. Solltet ihr den Film im Kino verpasst haben, macht dies also nichts, da ihr eigentlich nicht wirklich etwas verpasst habt. Am Abend im Fernsehen anschauen kann man ihn trotzdem.

Wie, euch gefällt mein Review nicht? *Sonnenbrille aufsetz* 
Dann schaut nur mal kurz hierher. *Bitz*

santi