5. Februar 2013

World of Warcraft: Teufelskreis

Manchmal habe ich das Gefühl, das Schreiben verlernt zu haben. Alles ist fertiggeschrieben, aber einen Anfang für meinen Artikel habe ich immer noch keinen. Die Einfallslosigkeit plagt mich regelrecht. Peinigt meine Seele. Und aus meiner Verzweiflung leite ich diesen Blogeintrag einfach mit einer Abwandlung des ersten Liedes ein, was mir durch den Kopf geht.

In einem weitentfernten Land
Vor gar nicht allzu langer Zeit
War eine Zauberin sehr bekannt
Von der sprach alles weit und breit

Und diese Zauberin, die ich meine, nennt sich Jaina
Kleine, freche, schlaue Jaina Proudmoore
Jaina teleportiert sich durch ihre Welt
Zeigt uns das was ihr gefällt 

Wir treffen heute uns‘re Freundin Jaina Proudmoore
etc etc...

Ich weiß wirklich nicht, warum man mich auf die Menschheit loslässt. Aber halt! Was sagt ihr da? Euch kommt die Melodie dieses Liedes bekannt vor? Genau! Das ist eine Abwandlung von Biene Maja und hat mit dem Thema dieses Textes überhaupt nix zu tun! xD Und so manchem von euch wird der fiktive Charakter Jaina Proudmoore wohl ebenfalls ein Begriff sein. Aber für diejenigen, denen dieser Name unbekannt ist (nur wahre Warcraft-Geeks werden mit diesem Namen etwas anfangen können), eine schnelle Erklärung: Jaina Proudmoore ist eine mächtige, menschliche Zauberin in der fiktiven Welt Azeroth im Warcraft-Universum. Warcraft selbst ist ein Videospiel-Franchise der Firma Blizzard (die prominentesten Spiele(-serien) wären Warcraft, Diablo und Starcraft), zu welchem bereits eine Reihe von Büchern verfasst wurden, um den Fans mehr Hintergrundinformationen bieten zu können. Wie der Zufall nun so will, ist genau diese Zauberin die Hauptakteurin in einem dieser Bücher, World of Warcraft: Teufelskreis. Und ich muss sagen, ich habe schon lange nicht mehr so ein beschissenes Buch gelesen...




Die gesamte Geschichte von Warcraft mag ich jetzt nicht niederschreiben, aber für die, die sich damit nicht so gut auskennen, hier eine Zusammenfassung in Stichworten: Fiktive Welt Azeroth (so wie unsere Erde halt) - vorherrschende Rasse sind die Menschen - Orks kommen aus einer anderen Welt nach Azeroth - Krieg zwischen Menschen und Orks - Dämonen kommen nach Azeroth um es zu zerstören - gemeinsamer Feind: Menschen und Orks kämpfen gemeinsam gegen Dämonen - Dämonen werden besiegt.

Die Handlung des Buches beginnt rund 3 Jahre nach den Ereignissen von Warcraft 3: The frozen Throne. Menschen und Orks versuchen seit der Bezwingung der Dämonen der brennenden Legion in Frieden miteinander auf dem Kontinent Kalimdor zu leben. Der Friede ist aber trügerisch und nach und nach kommt es zu mehreren verbalen, und später auch zu gewalttätigeren Auseinandersetzungen der beiden Völker. Missmut und Neid schwächen das neue Völkerbündnis und der alte Rassenhass keimt langsam wieder auf. Oder steckt vielleicht doch eine Verschwörung dahinter?

Hier beginnt meine Kritik auch schon! Denn bei diesem Buch handelt es sich leider um eine 0815-Geschichte und wenn man schon einmal einen Fantasyroman bzw. Fantasythriller gelesen hat, weiß man von vorne bis hinten, was passieren wird. Was mir ebenfalls negativ aufgefallen ist, dass man unglaublich viel Hintergrundwissen benötigt, um die Geschichte und die Beziehungen der Charaktere zu einander zu verstehen. Zumindest das Echtzeitstrategiespiel Warcraft 3 gespielt zu haben, ist ein Muss, damit einem dieses Buch Spaß macht. Und selbst dann empfehle ich, zuerst das Buch Warcraft: Der letzte Wächter zu lesen, da in diesem viel mehr Informationen zu den Wächtern der Tirisfalen vorhanden ist als in diesem hier.

Der Stil des Textes selbst ist eigentlich ganz interessant. Zwar ist Jaina Proudmoore die eindeutige Heldin der Geschichte, aber jedes Kapitel wird aus der Perspektive einer anderen Person geschildert. Bei 24 Kapiteln verwendet der Autor sage und schreibe 16 verschiedene Perspektiven, wenn ich mich nicht verzählt habe. Dadurch kommt einem die Welt in dem Roman immens belebt vor, aber die Entwicklung und Darstellung der Hauptcharaktere leidet immens darunter, da diese nicht genügend Aufmerksamkeit und Zeit bekommen, um sich zu entfalten. Die Kürze des Buches (gerade einmal 300 Seiten) trägt leider dazu bei, dass die handelnden Personen noch mehr untergehen. So werden in einigen Kapitel neue Charaktere mit recht stereotypen Hintergrundgeschichten vorgestellt und später nie wieder erwähnt. Sie werden einfach fallen gelassen und dienten nur als Medium um für ds Verständnis des Lesers eine zusätzliche Szene einzubauen. Wie gesagt, der Stil ist interessant, aber in Anbetracht der Kürze des Buches eigentlich totaler Schwachsinn und zeugt von einer unglaublichen Faulheit seitens des Autors, eine Geschichte gut zu erzählen. Denn durch diesen permanenten Szenenwechsel behilft sich der Autor selbst, keine komplexe Story konstruieren zu müssen und wichtige Informationen in diesen einzelnen Szenen zu verpacken. Sehr geschickt, aber ich als Leser komme mir sehr meiner Zeit beraubt vor.

Auch tauchen stellenweise unglaubliche Logikfehler auf, bei welchen man sich wahrhaftig an die Stirn greifen mag. Zum Beispiel: *Spoileralarm* Angezettelt von einem Verräter der Orks kommt es zu einem kleinen kriegerischen Intermezzo zwischen Orks und Menschen. Thrall, der Kriegshäuptling der Orks, kommt dem Verräter auf die Spur, fliegt per Luftschiff zu der Schlacht, tötet den Verräter, entschuldigt sich beim Hauptmann der Menschen und die Orks ziehen wieder ab. BITTE WAS?! Da prügeln sich gerade 1000 Orks und Menschen miteinander, sind unglaublich Wut geladen und Blut durstig, Thrall taucht auf einmal auf, sagt "Sorry, unser Fehler. Wir zischen wieder ab.", und das war's dann?!?! *Spoilerende* Hm, kommt es nur mir so vor oder scheint diese ganze Szene nicht sehr durchdacht zu sein? Generell kommen die handelnden Personen viel zu schnell zu Schlussfolgerung, ohne eigentlich großartige Untersuchungen oder eine Suche nach Beweisen durchzuführen. Gepaart mit dem Verschleiß an Charakteren wirkt dieser Roman daher eher wie ein Fan-Fiction eines 15-Jährigen als wie ein in Auftrag gegebenes, professionell verfasstes Buch.

Apropos, noch ein Wort zum eigentlichen Buch, welches ebenfalls einige Mankos aufweist. Erstens gibt es unglaublich viele Rechtschreib-, Tipp- und Grammatikfehler. Wie geht das bitte? Der Übersetzer hat sich offenbar nicht eine Spur Mühe gemacht, sinngerecht zu übersetzen, und den Text durch die Google- oder Microsoft Word Übersetzungsmaschine laufen lassen. Die Verdeutschung mancher Namen ist unglaublich sinnfrei und erzeugt nur unnötige Verwirrungen und Hemmungen im Lesefluss. Warum man Jaina Proudmoore als Jaina Prachtmeer übersetzt hat, werde ich wohl nie durchschauen. Diese Entscheidung war ein eindeutiger Griff ins Klo. Zweitens wird meine vorige These des Fan Fiction ebenfalls durch das Buch bzw. den Schnitt des Textes bestätigt. Denn die Abstände zwischen Text und Seitenrand sind seltsam großzügig. Gerade einmal zwei Drittel der Fläche einer Seite sind bedruckt worden. Dies ist nicht nur Papierverschwendung (in englischen Bücher druckt man für gewöhnlich bis tief in die Buchfalte hinein, um Papier zu sparen), sondern führt mich auch zu der Erkenntnis, dass es sich gar nicht wirklich um 300 Seiten, sondern (wenn man das 2/3-Faktum berücksichtigt) um lediglich 200 Seiten handelt. Auf so wenige Seiten kann man nun mal keine komplexe Geschichte erzählen. Es wirkt einfach so, als ob der Verlag das Buch durch den speziellen Druck ein bisschen dicker aussehen lassen wollte. Und warum konnte man keine kleine Karte dem Buch beilegen? Ich habe zwar die ersten drei Warcraft-Bücher gelesen und Warcraft 3: Reign of Chaos und The frozen Throne gespielt, aber wie die geographische Beschaffenheit der Welt aussieht weiß ich immer noch nicht. Eine Karte wäre ganz nett gewesen.

Alles in allem bereue ich persönlich den Kauf des Buches nicht und trotz der vielen Negativpunkte, auch nicht, es gelesen zu haben. Es handelt sich hier lediglich um einen netten Ausflug in die Welt von Azeroth und man verpasst absolut NICHTS, sollte man diesen Titel hier nicht gelesen haben. Das Buch bringt die globale Hintergrundgeschichte des Franchise kaum voran (einzig die Rückkehr Aegwynns und die Neuentstehung der brennenden Klinge sind erwähnenswert), sondern beschreibt nur einen kurzen Auszug nach The frozen Throne, welcher keinen Einfluss auf irgendwas im Warcraft-Universum hat. Nach Beendigung des Buches wird der Leser feststellen, dass er eigentlich immer noch bei Null steht, genau wie zu Beginn des Buches. Dieser Roman ist für wahre Warcraft-Fans und Jugendliche empfehlenswert, andere Leute sollten hingegen auf jeden Fall die Finger davon lassen bzw. als Einstieg in die Buchserie sich einen anderen Warcraft-Roman aussuchen. Falls sich jemand doch für Teufelskreis entscheiden sollte, auf jeden Fall die englische Version nehmen!

santi