9. Januar 2012

Frozen Synapse

Endlich ist es wieder so weit: ein neues Review! WUUUUUH….ich verlange schon ein bisschen mehr Applaus von euch!  Eigentlich nicht. Ich würde es auch so schreiben und ohne eure Zustimmung hochstellen. Die Ironie an der Sache ist tatsächlich, dass ich nicht einmal genau weiß, mit wem ich gerade spreche und in diesem Sinne quasi ein episches Selbstgespräch mit meinem Laptop führe.  Dann brauche ich mich eigentlich auch gar nicht darum zu kümmern, was IHR lesen wollt, sondern frage einfach meinen Laptop. Dessen Prozessoren sind wahrscheinlich eh um einiges intelligenter als ich.
„Hey, Lappi! Was magst du denn lesen?“.
*Biep* “Frozen Synapse.“ *Biep*
Problem gelöst. Ausgezeichnet!
*Biep* „Aber dieses Mal mit ein bisschen mehr Niveau.“ *Biep*
„Ich schreibe seit vier Jahren auf deiner Tastatur und das sagst du mir JEEEETZT?!?! Außerdem kennst du mich sicher gut genug, um zu wissen, dass das nicht machbar ist.“
Ihr habt es gehört! Lappi und ich sind uns einig, dass ich mit gewohnter Leichtigkeit und pseudo-spaßiger Sinnlosigkeit meinen nächsten Artikel erfolgreich eingeleitet habe. Auf geht’s!


Stellt euch vor, es wäre Krieg, und keiner geht hin… außer euch, euren Kontrahenten und ein paar unbeteiligten Zivilisten. Als Krieg kann man diese Auseinandersetzung auch nicht bezeichnen. Eher als ein Guerillakampf. Wobei es von den meisten Teilnehmern als heiliger Kreuzzug gegen Überwachung, Technologie, Kapitalismus und Entmenschlichung verschleiert wird. Nein, hier geht es nicht um Deus Ex, lest weiter! In naher Zukunft werden den meisten Menschen nämlich von der Regierung oder privaten Großkonzernen, die sowieso Hand in Hand miteinander Tango tanzen, Nano-Chips eingepflanzt, sodass man sie jederzeit in einem virtuell visualisierten Netzwerk sehen kann. Durch dieses neuentwickelte und sich schnell etablierende System können so auch Kriminalitätsrate und Bevölkerungswachstum überwacht und kontrolliert werden. Die Nachteile sind offensichtlich: Einschränkung der Meinungsfreiheit und der Intimsphäre. Früher oder später muss es ja dann mal passieren, dass jemand aufsteht und „Fuck that shit!“ sagt.

Wie Lappi euch sicher schon verraten hat, geht es in diesem Review um das Videospiel Frozen Synapse. In diesem Spiel übernimmt der Spieler/die Spielerin nun nicht etwa die Rolle eines Menschen, sondern tatsächlich eines Computerprogramms namens „Taktik“. Richtiiiiiig, es handelt sich um ein Strategiespiel. Dieses Programm wird von solchen Fuck-that-shit Regierungsgegnern entdeckt und für die eigenen Interessen verwendet. Woher ihr genau kommt und wofür ihr eigentlich programmiert wurdet, weiß zu Beginn der Geschichte noch niemand. Fakt ist aber, dass ihr Einsicht auf dieses virtuelle Netzwerk habt. Sein wir uns mal ehrlich. Eine Regierung, die so viel Macht hat, wird sie freiwillig und auf demokratischer Basis wohl kaum wieder hergeben. Da durch die Nano-Chips aber die freie Meinung sowieso immens beeinträchtigt ist, kann von Demokratie keine Rede mehr sein. Die logische Konsequenz? „Wo Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht.“ (Bertolt Brecht) Ergo folgt der bewaffnete Widerstand. Da die dilettantischen Milizen der Oppositionellen leider sehr schlecht ausgebildet sind, sollt ihr ihnen einen Vorteil erschaffen. Und hier kommt auch schon das Stichwort Spielmechanik!

 Diese Lobby gilt es zu verteidigen.
Links in grün: eure Einheiten
Rechts in rot: euer Gegner
Gelb: Verbündete

Wichtigster Aspekt ist wohl die kämpferische Auseinandersetzung mit anderen paramilitärischen Trupps. Aus 2D-Vogelperspektive seht ihr nun das Spielfeld. Sporadisch werden neben euren und den gegnerischen Einheiten, auch halbhohe und hohe blaue Blöcke dargestellt. Halbhohe sind in der Realität kleine Hindernisse, die Deckung bieten, wie Kisten und Autos. Hohe Blöcke sind ganze Mauern bzw. unüberschaubare Hindernisse. Ihr als Computerprogramm, seht aber immer nur die virtuellen Abbildungen (sogenannte „Shapes“) von diesen Personen und Gegenständen und könnt auch über sie hinwegsehen (da Vogelperspektive). Dank den eingepflanzten Nano-Chips sollt ihr euren Truppen nun Anweisungen erteilen, was sie in der Realität tun sollen, weil sie ja nicht über die Mauern hinweg sehen können, ihr aber schon. *zwinker zwinker* Ziel ist es, rundenbasiert, die feindlichen Soldaten zu eliminieren, Bomben zu legen, Geißeln zu retten oder zu beschützen, oder Attentate auszuführen. Den Soldaten kann man rudimentäre Befehle wie „lauf dorthin“, „Ducken“, “ziele dorthin“, „ignoriere diesen Gegner“ und so weiter geben. Einen Zeitmesser gibt es auch. So kann man einen Soldaten nach Punkt A schicken, ihn dort für 2,5 Sekunden sitzen und nach links zielen lassen, und danach weiterschicken nach Punkt B. Das besondere an der Umsetzung dieses Spielprinzips ist aber, dass während der Planung des nächsten Zuges per Abspielknopf jederzeit angesehen werden kann, was potentiell in den nächsten 5 Sekunden passieren könnte. Hat man seine Planung nun beendet, klickt man auf „Prime“ und in den darauffolgenden Sekunden, habt ihr keinerlei Einfluss mehr auf das Spielgeschehen oder die eigenen Einheiten. Der Gegner überlegt sich seinen Zug nämlich zeitgleich mit euch und genauso werden beide Planungen dann auch umgesetzt. Beide Spieler schauen nur zu. Das simple Schachprinzip: „du bist dran, ich bin dran, du bist dran, ich bin dran“, gibt es hier nicht. Man versucht herauszufinden, was sein Gegenüber nun vorhat und ihm, wenn möglich, einen Strich durch die Rechnung zu machen. Ein psychologisches Um-die-Ecke-denken wird einem nicht erspart bleiben. Auch hier liegt ein fundamentaler Nachteil. Das Spielprinzip ist eindeutig auf den Mehrspielermodus gegen andere menschliche Spieler ausgelegt. Wer aber eher ein Einzelspielspieler ist, wird hier in der Kampagne früher oder später wirklich verzweifeln, denn gegen die KI hat man in späteren Leveln, sowie auf höheren Schwierigkeitsgraden, fast keine Chance mehr. Während des Berechnens, kann sich die KI nämlich euren Zug ansehen und euch so fast um euren genial erarbeiteten Sieg betrügen.
„Lappi, hör auf zu lachen!“ >.<

 Wie man seinen nächsten Zug planen kann.

Wie ihr sicher aus meiner Schilderung erkennen könnt, wurde der Grafik offensichtlich nicht gerade sehr viel Aufmerksamkeit geschenkt. Aber nur augenscheinlich. Denn dies ist pure Absicht, da man die Darstellung des virtuell visualisierten Netzwerkes simpel halten wollte, mit Hauptaugenmerk auf die taktische Auseinandersetzung. Das Grundgerüst der Geschichte kennt ihr nun auch schon. Was ihr noch nicht wisst, ist, wie diese erzählt ist. Nämlich mit Text… ja, Text. Ohne Sprachausgabe. Dies ist zwar nichts neues für mich, da ich doch recht viele ältere Point-and-Click Adventure gespielt habe, aber die Charaktere in Frozen Synapse kommen so gar nicht rüber und wirken fast noch seelenloser als die Side-Kick-KI, die meiner Meinung nach eine grandiose, wenn auch sehr auffällige Kopie von Glados aus Valve’s Portal ist. Zynismus und schwarzer Humor, bis das Fass voll ist. Herrlich! Trotzdem finde ich die potentiell sehr interessante Story sehr schwach erzählt und kaum mitreißend. Nebeninformationen kann man sich ebenfalls, durch Nachrichtenberichte und Dialoge mit anderen Charakteren, holen. Da dies aber meist viel zu langweilig ist, verzichtete ich nach der fünften „Konversation“ bereits darauf und wollte nur noch in den nächsten Level.
Der Soundtrack ist ebenfalls sehr schlicht gehalten. So gibt es zirka 2-3 Tracks, die man in Endlosschleife zu hören bekommt. Dennoch klingen sie passend, da sie sich sehr ungewöhnlich und futuristisch anhören. 
Was mir auch noch negativ aufgestoßen ist, sind die immens langen Ladezeiten zwischen den Zügen. Wenn es die Civilizationreihe hinbekommt, mehrere K.I.s zeitgleich zu navigieren, warum schafft das dann nicht auch Frozen Synapse mit zehn kleinen Hampelmännchen?!?!

Jede Person, die SciFi-Filme wie Matrix, I Robot, The Minority Report und Equilibrium mag bzw. auf Dystopien steht, denen wird die Geschichte dieses Spieles ebenfalls sehr gut gefallen. Moralische Überlegungen wie es sie schon in dem Spiel Deus Ex gab, sind auch nicht zu übersehen. Die Idee mit dem Kampfdesign, die Spieler in rundenbasierten Kämpfen zeitgleich ziehen zu lassen, ist auch erfrischend ungewöhnlich. Suchtpotential hat das Spiel also allemal und ich würde den Storymodus auch liebend gerne weiterspielen, wäre es halt nicht so fu**ing schwer.

santi