4. Oktober 2011

Trauma

Eine junge Frau erleidet mit zwei Bekannten einen Autounfall. Sie überlebt schwer verletzt, fällt aber in ein Koma, aus dem sie langsam wieder aufwacht. Nach dem Aufwachen erzählt sie einem Psychologen (dessen Gesicht man nie zu sehen bekommt, sondern immer nur seine Stimme hört), was sie in diesen Träumen erlebt und gesehen hat. Der Spieler spielt diese Träume nach. Das ist das Konzept des Spieles Trauma, von Krystian Majewski, einem Studenten an der Kölner International School of Design. Die Rahmenhandlung des Spieles klingt gar nicht mal so uninteressant, dachte ich mir, und habe mir das Spiel mal zu Herzen genommen... und es hat sich vollkommen ausgezahlt!


Trauma ist ein Point and Click Adventure. Der Trailer hat dennoch schon erkennen lassen, dass die Spielmechanik eine sehr eigenwillige und ungewöhnliche zu sein scheint. Man betrachtet nämlich stets immer nur starre Fotografien von Orten. Ohne sich frei in der Welt bewegen zu können, muss man sich nun durch die Kameraaufnahmen hindurchklicken. Wobei hier das Design sehr hervorsticht. Der Spielebildschirm, der in anderen Spielen normalerweise die gesamte breite des realen Bildschirmes auszufüllen versucht, wird in Trauma in neun Segmente geteilt. Das Foto, das man gerade betrachtet bzw. der Ort, an dem man sich gerade befindet, wird im mittleren Teil des Bildschirmes gezeigt. Fährt man nun mit dem Mauszeiger zum Beispiel an den linken schwarzen Bildschirmrand, sieht man eine transparante Phantomaufnahme der Perpektive links von sich. Klickt man hierrauf, erscheint die vorige Phantomaufnahme nun als das zentrale Foto. So navigiert man sich nun durch die Traumwelt und versucht ihre Geheimnisse zu erkunden. 

Ein weiterer interessanter Aspekt, ist die Interaktion mit der Maus. Mit dieser kann man nicht nur die Perspektiven neben dem Foto betrachten und nach Gegenständen im Foto suchen, sondern auch Symbole zeichnen, um einen Effekt zu erzeugen. So hat man zum Beispiel eine Kiste vor sich liegen. Nun zeichnet man mit dem Mauszeiger das Symbol für "Heben", und schon hebt sich die Kiste in die Höhe. Es gibt aber auch eigene Symbole wie "einen Schritt zurück machen" oder "eine 180° Drehung machen". Leute, die schon öfter mit dem Nintendo-DS oder das Spiel "The Void" gespielt haben, werden sicher keine Probleme haben, sich mit der originellen Steuerung zu recht zu finden. Natürlich kennt man zu Beginn des Spieles noch nicht alle Interaktionsmöglichkeiten. Die Symbole findet man auf verschiedenste Weise während dem Spielen, unter anderem auf Polaroidfotos. So werden einem Schritt für Schritt bis zum Ende des Spieles immer noch neue Steuerungsmöglichkeiten beigebracht.

Im Hintergrund ist das zentrale Foto mit der Spielewelt,
im Vordergrund ein von der Maus gezeichnetes Interaktionssymbol zu sehen.

Die Traumwelten sind in Episoden geteilt, von welcher jede vier verschiedene Enden hat. Ein Hauptende und drei alternative Enden. Nach jedem Ende gelangt man wieder zum Hauptmenü zurück und kann sich den Level neu aussuchen. Beendet man einen Level aber mit dem mehr als offensichtlichen Hauptende, darf man in den Genuss einer Videosequenz kommen. Diese sind aber sehr brachial gestaltet. Man sieht nämlich nur die computeranimierten Hände der Hauptfigur und des Psychologen. In diesen Sequenzen finden, im Gegensatz zu den Leveln, aber Dialoge zwischen den beiden Personen statt, während man im Rest des Spieles immer nur die Monologe von der Spielfigur hört, die sehr an eine Therapiesitzung erinnern. Die weibliche Erzählerstimme ist dennoch sehr gut gelungen und vereinnamt den Spieler vollständig. Genauso wie der Sound des Spieles, der eine Mischung aus emotionaler Düsterkeit und Psychodelie aufweist.
Durch die gemächliche Spielgeschwindigkeit, dem Sound und der Erzählerstimme, bekommt das Spiel seinen ganz eigenen markanten Flair, welcher sich leider, aufgrund der extrem geringen Spieldauer von 1-2 Stunden, nicht zur Gänze entfalten kann. Hat man das Gefühl, schon vollkommen in dieses Spiel abgetaucht zu sein, erkennt man spätestens ab Level 2, dass das Ende schon am Horizont sichtbar ist.
 Polaroidfotos, wie dieses hier, tragen viel zur Story bei,
und unterrichten den Spieler teilweise in die Steuerung.

Trotzdem behaupte ich, dass Trauma zurecht 3mal für den Indie Games Award nominiert wurde. Schlussendlich scheiterte es leider jeweils im Finale. Das Spiel war als Diplomabschlussarbeit, Experiment und Gratisangebot gedacht, sodass man es tatsächlich als Flashgame auf der Internetseite (www.traumagame.com) jederzeit spielen kann. Die Tatsachen, dass der Entwickler viel Emotionen und Zeit (jeder Drehort existiert wirklich) für dieses Spiel aufgebracht hat, und der Spieler diese Emotionen auch spürbar mitbekommt und sich danach selber einige tiefgründige Fragen über seine eigene Psyche zu stellen vermag, schließen einen solidarischen Kauf über Steam (für 5€), der Internetseite des Spieles oder über Humble Bundle (für einen beliebigen Preis, www.humblebundle.com) nicht aus! Anschauen lohnt sich auf jeden Fall!

santi

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