10. Juni 2012

Eufloria

Eigentlich wollte ich meinen neuen Artikel wie folgt einleiten: "Der Sommer steht vor der Tür und der ganze Sonnenschein veranlasst mich, den Juni mit einem sommerlicheren Motto zu schmücken: Pflanzen bzw. Flower Power! Starten werde ich mit dem Titel Botanicula ...".
Aber neeeiiin, es muss fast das ganze Wochenende bewölkt, verregnet und windig sein. Oh Poseidon und Zeus, waren euch meine Opfer nicht gut genug??? Dem kausalen Schwenk meiner Laune entsprechend widme ich mich einfach dem anderen der beiden Flower Power-Titel, die ich im Visier hatte. Denn ich bin, Dank dem Wetter, gerade in so einer richtig schönen Nörgelstimmung. Also hier Eufloria, eines der wenigen Spiele, welche mich wirklich in Rage gebracht haben. Ein paar von euch kennen mich ja persönlich und wissen daher auch, dass ich mich manchmal leicht aufreeeegen kann, wenn es um Computerspiele oder Star Wars geht, aber meist sind meine verbalen Ausbrüche lediglich meine Art, Ambitionen und ungesundes Interesse zu demonstrieren. Aber dieser Titel trieb es wirklich auf die Spitze und ich habe mit Genuss sämtliche Datei manuell gelöscht und durch eine Fuck You!-Worddatei, in welche ich ein handgeschossenes Bild meines rechten Mittelfingers eingefügt habe und die beim Öffnen automatisch eine MP3 mit einem Furz-Sound abspielt, ersetzt. Diese Befriedigung war wahrlich notwendig!




Eufloria, nicht zu verwechseln mit dem Siegerlied des diesjährigen Eurovisionsongcontests Euphoria, welchen übrigens die rappenden Omas gewinnen hätten müssen, weil sie einfach rappende Omas sind *_*, ist ein sehr unkonventionelles, auf Ambiente basierendes Strategiespiel aus dem Jahre 2009. Man spielt quasi eine Pflanzenart und Ziel ist es, aus einem Mix zwischen Querschnitt und Vogelperspektive den Bestand seiner eigenen Art aufrechtzuerhalten, indem man im Universum Asteroiden findet, auf welchen man nun neue Bäume pflanzen kann. Ihr erforscht das Universum und pflanzt neue Bäume mit Setzlingen. Entscheidet ihr euch nun, einen Baum zu pflanzen, verliert ihr zwar einige eurer Setzlinge, aber nach und nach wirft der ständig wachsende Baum neue Setzlinge ab, sodass dieser euren vorigen Verlust nach einer gewissen Zeit kompensiert. Auf welche Nachbarasteroiden man sein Reich nun weiter expandieren kann, ist abhängig von der Größe des Asteroiden, von welchem ihr weiterziehen möchtet. Denn jeder dieser Asteroiden hat eine gewisse Reichweite. Je größer der Asteroid, desto weiter kann man reisen ...warum auch immer. Eigentlich sollten kleinere Asteroiden dank der geringerer Fluchtgeschwindigkeit, welche notwendig ist, um einen Planeten zu verlassen und nicht in sein Gravitationsfeld zurückgezogen zu werden, leichter zu verlassen sein. Dies führt leider zu einer gewissen Linearität innerhalb der Level. Die Asteroiden haben auch verschiedene Attritube wie Stärke, Abwehr und Geschwindigkeit. Diese Attribute signalisieren euch, ob eure Setzlinge auf diesem Asteroiden eine hohe Angriffskraft, einen hohen Verteidigungswert oder einfach nur schnell produzieren und fliegen können. Dieser Attribute sind aber eigentlich vollkommen zwecklos, da man sich ohnehin nicht aussuchen kann, welches Attribut der Asteroid abwirft und einfach mit dem, was man zur Verfügung hat, leben muss. Und damit komme ich auch schon zum zweiten großen Aspekt des Spieles: dem Kampf ums Überleben!

Denn im Laufe der sehr durchschaubar erzählten Einzelspielerkampagne findet ihr heraus, dass ihr nicht die einzige Pflanzenart im Universum seid und eure Kolonien von anderen Arten angegriffen werden. Eure Gegner schicken nun ihre Setzlinge zu euren Asteroiden und versuchen dort, eure Setzlinge mit Lasergeschossen (scheinbar sind das sehr hochentwickelte Pflanzen...) im Luftkampf ala Deutschland gegen England zu vernichten und den Asteroiden unter ihre Kontrolle zu bringen. Dies gilt es zu vermeiden und dementsprechend lautet JEDES und ich meine wirklich JEEEEDES Missionsziel, den Feind zu vernichten und den Sektor in euer Imperium einzugliedern. Von gutem Storytelling oder von abwechslungsreicher Missionsgestaltung haben die Entwickler scheinbar wenig gehört. Und wisst ihr was? Genauso verhält es sich mit den Schlachten eurer Setzlinge! Ihr sammelt einfach genug von ihnen auf einem Haufen und schickt diesen Haufen unabhängig von den Eigenschaften eurer Setzlinge dann zu dem nächsten Asteroiden, denn auf andere könnt ihr ja nicht reisen, aufgrund der limitierten Reichweiten. Somit könnt ihr in eurer Strategie mögliches Flankieren schon mal von der Liste streichen und macht einfach das Einzige, was euch das Spiel erlaubt: alles, was ihr habt, auf einmal hineinzuschicken in der Hoffnung, euer Gegner hat weniger Einheiten als ihr. Denn manchmal seid ihr der launischen CPU, obwohl ihr überhaupt nichts falsch gemacht habt, nummerisch chancenlos ausgeliefert und dürft den Level im Hauptmenü neustarten, denn im Escape-Menü gibt es nämlich weder einen Neustartknopf, noch die Möglichkeit, euren Fortschritt abzuspeichern. Ihr startet einen Level, nach fünf Minuten werdet ihr von einer fünfmal so großen Armee überrannt und dürft neustarten. Beim nächsten Mal geschieht dies nicht und der Gegner hat nur noch 5 Setzlinge als Verteidigung. Hä? Warum??? Einer soll mir das bitte erklären. Einen potenziellen Neustartknopf braucht ihr übrigens gar nicht, da Eufloria eines der instabilsten Spiele ist, die ich jemals in die Hände bekommen habe, und es sich wirklich einmal pro Stunde aufhängen mag.


 Ja, meine Setzlinge, fliegt in euer Verderben!
Muahahaha!!! 


Fühlt ihr euch stark genug, einen feindlichen Asteroiden anzugreifen, schickt ihr, wie bereits geschildert, eure Armee hin. Und dann? Nichts dann. Ihr schaut einfach zu, wartet und hofft. Denn was eure Setzlinge angreifen könnt ihr euch nicht einmal aussuchen, geschweige denn sie zurückschicken, wenn sie sich mal von eurer Basis auf den Weg gemacht haben. Da sind vier Abwehrtürme in der Basis des Gegners und 48 von 50 meiner Setzlinge jagen lieber einen kleinen Ausreißer der feindlichen Legionen, während die anderen zwei intelligenterweise auf die Türme schießen. Waaas? Das Spiel wagt es sich in der Kategorie "Strategie" einzuordnen und man kann noch nicht einmal bestimmen, was als erstes angegriffen wird??? Are you serious?!?! Und wenn sie einmal einen der Türme bzw. einen der Produktionsbäume zerstört haben, greifen sie nicht die anderen Anlagen an, NEIN, sie strömen automatisch ALLE zu der entstandenen Öffnung um dort Sperma-Eizellenmäßig in den Asteroiden einzudringen, damit dieser zu eurem Imperium konvertiert. Natürlich tummelt sich dann meine gesamte Armee an dieser einen kleinen Öffnung, da immer nur eine gewisse Anzahl an Setzlingen den Asteroid begatten bzw. vergewaltigen kann, und lässt sich seelenruhig von den Verteidigungsraketen des Gegners zum Himmel jagen.

Und wisst ihr was das Beste ist? Die Farbpalette ist immens beschiessen. Freilich tangiert dieses Faktum die wenigsten von euch, aber mich als Rot-Grün-Blinden stört es immens, wenn Team A hellrot und Team B hellgrün ist. Oder seichtes Violett und helles Ozeanblau. Ich hätte meiner Tollwut auch fast schon freien Lauf gelassen, gäbe es (zum Glück gibt es sie) nicht die Option, den Asteroiden teamzugehörige Wappen zu verleihen. Die Setzlinge kann ich immer noch nicht voneinander unterscheiden.

Ich hoffe, ihr habt das Spielkonzept von dem Spiel verstanden, sodass ich mit meinen Detailflames fortfahren kann. Denn nicht nur das Prinzip Trial-and-Error stoßt bei mir einen Kotzreiz hoch. Neben der repetitiven Strategie versagt das Spiel auch auf vielen anderen Ebenen weltmeisterlich. So wird die sehr liebevoll gestaltete Grafik im späteren Spielverlauf vollkommen ignoriert, da man sich die Kämpfe zwischen den Setzlingen nicht mehr genau ansehen mag, sondern man lieber per Zoomout das gesamte Kampfgeschehen im Overview betrachtet, da hier einfach eine bessere Übersicht über den ganzen Sektor vorhanden ist. Schließlich könnte ja ein Gegner von hinten angreifen und den Großteil der Zeit ist man ohnehin damit beschäftigt, Verstärkungen in das orbitale Gerangel nachzuschicken. Die Grafik wird hier also total fallengelassen. Der Soundtrack ist das Einzige, was dem Genre Ambiente gerecht wird, denn dieser ist wirklich sehr entspannend und ladet fast schon zum Einschlafen ein. Yeah, als Entwickler ist es natürlich meine höchste Priorität, meine Käufer einzuschläfern. Aber gut, das langsame und *Achtung: Ironie* sehr actiongeladene Gameplay trägt auch zu dieser sehr ruhevollen Stimmung bei. Interessanterweise schrie ich bei diesem Titel aber viel mehr herum als bei anderen Spielen, welche es sich nicht zur Aufgabe gemacht haben, mich beruhigen und zur Entspannung motivieren zu wollen. Warum dieser Titel damals gehypt wurde, sich doch relativ gut verkauft hatte und bei den Independent Games Festival (hier noch unter dem Titel Dyson) sogar in manchen Kategorien in das Finale gewählt wurde, verstehe ich absolut nicht. Vielleicht ist dieses Spiel ja doch ganz gut und ein paar Leute haben sehr viel Spaß damit. Vielleicht scheitere ich nur an meiner Unfähigkeit. Scheinbar sind die anderen, guten Modi erst nach Beendigung der Einzelspielerkampagne spielbar. Aber warum soll ich mir das weiter antun? Wenn ein Spiel erst nach zehn Stunden gut wird bzw. erst dann Spaß macht, dann ist es kein gutes Spiel!!! Es gibt zwar schwere Spiele, in denen man es immer und immer wieder probieren muss, aber hier existiert zumindest eine Art Lernfortschritt (Siehe Hack, Slash, Loot). Hier herrscht aber wirklich stupides Anrennen bis es funktioniert vor. Aber naja, Geschmäcker sind verschieden und mit Eufloria habe ich persönlich nur schlechte Erfahrungen gemacht.

santi

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