31. Mai 2013

Men in Black 3


Habt ihr schon mal so etwas richtig Peinliches gemacht und euch gewünscht, im Boden zu versinken? Aber warum im Boden versinken? Es wäre doch viel effektiver, das Gedächtnis aller Beteiligten einfach auszulöschen. Am besten auch gleich mit einem Blitz-Dings aus dem Men in Black-Franchise. Ihr könnt es nicht leugnen, denn ich weiß, dass jeder von euch gerne so ein Gerät hätte! Und stellt euch vor, nach Men in Black 2 waren meine Erwartungen in den dritten Teil, welcher liebevoll MiB3 abgekürzt wurde, so gering, sodass ich bereits prophezeit habe, mich wahrscheinlich danach selber blitzdingsen zu wollen. Na mal schaun...




Im New York unserer Gegenwart (und wahrscheinlich noch an einigen anderen Orten auf der Erde) leben bereits seit Jahrzenten Aliens unter uns. Manchmal sogar wörtlich unter uns. Um nicht aufzufliegen und ihre Existenz geheim zu halten, versuchen sie sich mit unauffälligen und auffälligen Kostümen zu tarnen. Dies ist auch nötig, denn so gestört wie manche Menschen sind, würden sie entweder sofort in Panik ausbrechen ("Oh Gott, wir sind nicht allein!!!") oder sie mit Interviews und Fragen belagern. Vielleicht würden sie einige von ihnen sogar für Experimente einsperren. Solche kurzsichtigen Handlungen könnten aber weitreichende Folgen haben, da sonst ein interstellarer Krieg ausbräche. Eine illustre Organisation der Regierung weiß natürlich von diesen Außerirdischen und möchte deren Identitäten ebenfalls geheim halten. Obwohl die Regierung der USA dies selbstverständlich niemals zugeben würde. Diese Behörde stellt auch Visa für unseren Planeten aus, um die Aliens auf diese Weise während ihres Aufenthaltes überwachen zu können. Sollte sich ein Alien nicht bei ihnen um eine Aufenthaltsbewilligung melden, ist dessen Aufenthalt dementsprechend illegal und es darf der Erde verwiesen oder gar gefangengenommen werden. Immerhin geht es bei so einer extraterrestrischen Einreise auch um nationale und internationale Sicherheit. Diese Behörde trägt den Namen Men in Black und eigentlich kann man sie auch einfach als das Weltall-FBI der Erde bezeichnen.

Das ist mal die Grundstruktur des Franchise. Nun kam kurz vorm Sommer 2012 bereits der sage und schreibe dritte Film in die Kinos, und da das Franchise bereits seit über einem Jahrzehnt existiert hat und der zweite Film eher negative Kritik einstecken musste, dachte und hoffte man lange Zeit, die Ideen der Drehbuchautoren seien erschöpft und es werden keine neuen Filme mehr erscheinen. Die Comicvorlage erfreute sich dennoch weiterhin großer Beliebtheit. Im ersten Film erscheint bei den Men in Black der Neuzugang J, gespielt von Will Smith. Sein Mentor innerhalb der Organisation ist K, gespielt von Tommy Lee Jones, dem diese ausdruckslose Rolle hervorragend steht und man schon fast sagen könnte, dass sie ihm wie ein Smoking maßgeschneidert wurde. Ist "maßgeschneidert" eigentlich ein Verb? Ach, ich benutze es trotzdem. Fällt eh niemandem auf...

Nachdem im ersten Teil alles schön chaotisch den Zusehern nähergebracht wurde und J sich in die Organisation integriert hatte, ging der bereits in seine Jahre gekommene K in Pension und ließ sein Gedächtnis mit dem berühmten Blitzdings-Gerät löschen. Inhalt des zweiten Filmes ist es, K sein Gedächtnis wiederzubeschaffen und ihn erneut für die Organisation zu gewinnen. Im dritten Teil bricht nun ein Alien namens "Boris, das Tier" aus einem Hochsicherheitsgefängnis auf dem Mond aus, gelangt zurück auf die Erde und reist in die Vergangenheit zurück, um den jungen K, welcher für Boris' Festnahme verantwortlich war, zu eliminieren, damit er diese ganze Zeit nicht in Gefangenschaft verbringen muss und als Rache nun die menschliche Rasse auslöschen kann. Nach dem K aus unserer Gegenwart verschwunden ist, reist J (Gott, diese Buchstaben als Namen sind sau anstrengend) ebenfalls in die Vergangenheit, um eben genau dessen Ermordung zu verhindern und so das Raum-Zeit-Kontinuum aufrechtzuerhalten.


Josh Brolin verkörpert den jungen K grandios. Und er schafft es,
dieses ausdruckslose Gesicht den ganzen Film über beizubehalten!

Eines vorne weg: die Story ist wesentlich besser als die des zweiten Filmes und die Macher lassen sich immer neue und schrägere Aliens einfallen. Dies sind zwei Pluspunkte für den Film. Aber man merkt den ganzen Film hindurch, dass dieses Franchise wirklich keinen dritten Film mehr gebraucht hätte und dieser Streifen kein Ergebnis von ambitioniertem Storytelling ist, sondern man Geld scheffeln und keine einfallsreiche Geschichte erzählen wollte. Die Geschichte wurde quasi um die Gags herum konstruiert und nicht umgekehrt. Ja, sie ist besser als im zweiten Teil, aber eben auch nicht sonderlich gut. Besonders scheitern die Autoren mal wieder, wenn es um Zeitreisen geht. Und auch hier ist das Drehbuch mit Logikfehlern und simplen Zeitreiseausrutschern durchtränkt. Boris kann einfach nicht in die Vergangenheit reisen, um K umzubringen. Täte er dies, würde er ja nicht mehr im Gefängnis sitzen, um dann in der Zukunft K umbringen zu wollen und dementsprechend würde er dann die Reise in die Vergangenheit auch nicht mehr unternehmen. Natürlich kommen dann noch kleinere Ungereimtheiten wie "Schall im Weltraum" und "Die Wachen des Gefängnissen sind alle Idioten" vor. Aber diese Ausrutscher haben irgendwie einen Unterhaltungswert für sich.

Mir kam stellenweise auch der Gedanke, als ob die Macher an den falschen Stellen Zeit gespart hätten. So bleiben viele potenzielle Witzquellen ungenutzt und werden lieber mit Actionszenen ersetzt. Beispiel: Will Smith aka J reist ja in die 1960er der USA, wo es immer noch offenen Rassismus gegenüber Afro-Amerikaner gab. Er sollte es also relativ schwer haben, an Informationen zu kommen oder sich vollkommen frei im Alltag bewegen zu können. Aber nein, stattdessen gibt man dieses konfliktreiche Potenzial nur wenig Chance und baut diesbezüglich eine schwache Szene mit Autodiebstahl ein, welche zwar durchaus gelungen ist, aber naja...

Die größte Meisterleistung, die dem Film doch noch eine positive Kritik abverlangt, bewerkstelligt Josh Brolin (No Country for old Men, Milk, Mimic) als junger K der Vergangenheit. Das irgendjemand Tommy Lee Jones in jungen Jahren so authentisch wiedergeben kann wie er, bezweifle ich stark, und daher ist Josh das Highlight des Filmes. Von Tommy Lee sieht man leider nicht allzu viel und Will Smith, der 20 Minuten lang eine One-Man-Show abzieht, wirkt auch schon eher von den MiB-Filmen gelangweilt. Aber wahrscheinlich hatte er zu dem Zeitpunkt der Dreharbeiten keine anderweitigen Verpflichtungen in anderen Filmproduktionen zu erfüllen.

Wie dem auch sei, kommen wir zum Fazit. Men in Black 3 ist sehr leichte, aber auch sehr amüsante Kost mit einem soliden Cast, guter Optik, kreativen, wenn auch bereits sehr abgewetztem Humor, viel Fokus auf eben diesen Humor und auf Action, und unterhaltsamer, aber trotzdem immens schwacher Geschichte, die sich scheinbar vor Logik regelrecht verstecken will, damit der Plot funktioniert, und stattdessen lieber auf Randomness baut. Besser als der Vorgänger ist er auf jeden Fall, aber an den ersten Teil kommt er leider nicht heran. Solltet ihr den Film im Kino verpasst haben, macht dies also nichts, da ihr eigentlich nicht wirklich etwas verpasst habt. Am Abend im Fernsehen anschauen kann man ihn trotzdem.

Wie, euch gefällt mein Review nicht? *Sonnenbrille aufsetz* 
Dann schaut nur mal kurz hierher. *Bitz*

santi

23. Mai 2013

Iron Man 3

Endlose Filmfortsetzungen ala Saw, Fast & Farious und Paranormal Activity sind leider das Ergebnis eines Trends, in welchem es nicht mehr um originelle Drehbücher oder kreatives Storytelling geht, sondern nur noch um Money-Grabbing. Dementsprechend nimmt die Qualität von vielen Filmreihen zugunsten der Quantität mit jeder weiteren Fortsetzung drastisch ab. Umso erstaunlicher ist es dann, wenn tatsächlich mal ein zweiter, dritter oder sogar vierter Teil eines Filmes erscheint, bei welchem sich herausstellt, dass er nicht nur gut, sondern sogar besser als die Vorgänger ist!




Genau dies trifft auf den neuesten Superheldenfilm von Marvel zu, Iron Man 3. Noch actiongeladener wartet diese Fortsetzung mit einer erdrückenden Düsternis auf. Nach den Ereignissen in The Avengers fühlt sich Hauptfigur Tony Stark so stark (hihi Stark-stark, get it?) mit seinem Alter Ego Iron Man und seinem Kampfanzug verbunden, sodass er seine ganze Freizeit für dessen Modifikationen investiert und sich ohne Anzug immens angreifbar fühlt. Physisch, sowie psychisch. Dem nicht genug taucht auch noch ein weiterer Antagonist auf der Bühne auf, hervorragend gespielt von Guy Pearce. Dieser schwor sich nach einer verletzenden Absage Tonys bezüglich eines Interviews nicht nur persönliche Rache an eben diesen, sondern will mit einer neuentdeckten biologischen Waffe auch das internationale Waffengeschäft an sich reißen. Im Zuge der Auseinandersetzungen gegen fast unbesiegbare und biologisch mutierte Ex-Soldaten findet sich Tony schlussendlich in einer Situation wieder, in welcher er zeitweise vollkommen auf seinen Kampfanzug verzichten muss. Der dritte Teil der Filmserie legt seinen Hauptfokus darauf, wie Tony Stark auch ohne seinen Kampfanzug seinen Pflichten als Iron Man nachgeht. Er IST Iron Man! Sei es mit, oder ohne Anzug.

Nicht nur wirkt der Film düsterer als seine Vorgänger, er hat auch (bedingt durch den neuen Regisseur Shane Black) das lockere Comicfeeling aufgegeben. Man fiebert nun wirklich für Tony mit, welcher verletzlich und schutzlos ohne seinen Anzug versucht seine Superheldenidentität zu definieren. Es hängt eine permanente Gefahr in der Luft, dass das Abenteuer vielleicht doch nicht gut für den Protagonisten ausgehen könnte. Die Effekte werden dank wachsender Erfahrung seitens Marvel Studios und immer besser werdenden Computerprogrammen ebenfalls immer anschaulicher, und die Schauspieler spielen alle durch die Bank solide.

Alles in allem kann ich wohl getrost sagen, dass Iron Man 3 seine beiden Vorgänger in jeder Hinsicht übertrieft und als das bis dato erwachsenste Werk der Marvel Filmstudios fungiert. Einzig allein die sehr willkürliche Vernachlässigung von Physik, Biologie oder generell Realismus könnte man anprangern, oder das Iron Man am Ende des Filmes doch keinen Sidekick bekommt, wie ich so sehr erhofft habe. Aber als Superhelden-, Marvel-, Actionfilm- oder Science Fiction-Fan ist dieser Film fast schon ein Must-See, und auch für den Otto Normalverbraucher des Filmeschauens effektive Unterhaltung.


santi

PS: Auf jeden Fall nach den Credits noch im Saal bleiben!

14. Mai 2013

Life of Pi

Erst 3 Artikel in 4 Monaten? Daran sollte dringend etwas geändert werden. Aber ich muss euch beichten, dass mir in letzter Zeit Schreiben sehr wenig Spaß gemacht hat. Es ist von einem Hobby über viele Monate hinweg neben meinem Studium fast schon zu einer zweiten Arbeit mutiert, welche ich mir selbst wie eine Pflicht auferlegt habe. Die Liste der noch zu schreibenden Reviews wird zusätzlich dazu ebenfalls immer länger und länger, und dementsprechend wird das Schreiben demotivierender, wenn ich diesen riesigen Entwurfhaufen betrachte. Je mehr man zu erledigen hat, desto weniger schafft man am Ende. Und auch die Attitüde, "Das mach ich dann halt morgen", schleicht sich hinterhältig ins Unterbewusstsein ein. Dieses Phänomen kennen sicher ein paar von euch, liebe Leser. Sogar einen "Sendeplan" habe ich mir für Februar und April erstellt, aber diesen ebenfalls undiszipliniert wieder verworfen. Mein Blog soll keine Arbeit für mich sein, sondern mir Spaß machen! Darum beschloss ich kurzerhand, einfach kleine Schritte zu tätigen, mir nicht zu viel vorzunehmen und wieder einen Artikel nach dem anderen zu schreiben, ohne mir jedes Mal denken zu müssen, "Oh Gott, ich muss schnell ein Review zu diesem Film schreiben, sonst läuft er am Ende nicht mehr in den Kinos!" Pustekuchen, sag ich euch! Mit dieser Einstellung ist jetzt hoffentlich Schluss! Genau aus diesem Grund habe ich den Film Life of Pi als Reboot-Artikel ausgewählt.

Namensgebend für den Film ist Pi (ausgesprochen wie das englische Wort für Kuchen, meint aber tatsächlich die mathematische Kreiszahl), ein Mann indischer Abstammung, welcher sich zu Beginn des Filmes in Montreal, Kanada in einem Interview mit einem Buchautor befindet. Diesen Autor können wir gerne Santi nennen, da er praktischerweise das gleiche Problem hat wie ich (und ich mich nicht mehr an seinen Namen erinnern kann): er leidet an einer massiven Schreibblockade. Über mehrere Ecken hinweg hat Santi erfahren, dass Pi eine atemberaubende, unglaubliche Geschichte zu erzählen hat, welche bis dato viele Menschen inspiriert und ihnen teilweise sogar den Glauben an Gott wiedergegeben hat, sobald Pi seine Geschichte fertigerzählt hat. So treffen sich Santi und Pi nun zum Essen und zum im Park spazieren Gehen, damit Pi mit seiner Geschichte vielleicht auch Santi wieder seine Inspiration zurückgeben kann.




Die Geschichte beginnt mit Pi's Kindheit und Jugend. Er wuchs in Indien auf, absolvierte die Schule, zoffte sich ab und an mit seinen Eltern, übte früh eine Faszination für die großen Religionen dieser Welt aus, verliebte sich zum ersten Mal. Eigentlich recht standard, aber er war glücklich mit seinem Leben. Um Geld zu verdienen, betrieb sein Vater einen Zoo. Da dieser sich nach vielen Jahren leider nicht mehr rentiert hat, beschloss sich sein Vater, mit der ganzen Familie samt Zoo in die Vereinigten Staaten von Amerika zu reisen. Dort sollte man die Tiere an die dortigen Tiergärten verkaufen und sich mit dem gewonnen Geld in Kanada ein neues Leben aufbauen. Die Schicksalsgötter hatten aber andere Pläne und entfesselten während der marinen Überfahrt einen Sturm, welcher das Schiff samt tierischer Ladung und den meisten Reisenden an Bord zum Kentern und kurz darauf zum Sinken brachte. Pi konnte sich während dieser Tragödie auf ein Rettungsboot retten, merkte aber früh, dass er auf diesem nicht alleine war. Am ersten Tag teilte er sein Vehikel noch mit einem Orang-Utan, einem Zebra, einer Hyäne und, zu diesem Zeitpunkt noch unwissenderweise, mit einem Tiger. Die Hyäne machte sich prompt auch schon über Zebra und Orang-Utan her, der Tiger schließlich über die Hyäne und die Reste der anderen beiden Tiere. Pi war von nun an gezwungen, auf einem selbstgebastelten Floß neben dem Rettungsboot herzutreiben, da dieses nun das Territorium des Tigers war.

Somit begann für Pi ein Kampf ums Überleben. Nicht nur musste er Hunger, Durst, Wellen, Stürmen, Einsamkeit und der Hitze der Sonne trotzen, sondern auch lernen, mit dem Tiger umzugehen. Leider liegt der Fokus des Filmes sehr auf dieser Mensch-wildes-Tier-Beziehung und es werden nur wenige wirkliche Momente gezeigt, in welchen Pi fischt, sich ein provisorisches Dach bastelt oder sonst was überlebensnotwendiges praktiziert. Der eigentliche Überlebenskampf gegen die Gewalten der Natur werden gezielt in den Hintergrund gerückt, was ich persönlich halt ein bisschen schade finde. Meine Enttäuschung fußte aber in der Erwartung, einen moderneren Robinson Crusoe zu sehen, und soll eigentlich kein negativer Kritikpunkt sein, da diese Interpretation von "Gefangen sein auf einem Rettungsboot mit einem Tiger" durchaus interessant sind. Life of Pi geht bewusst in eine andere, sehr "fantastische" und märchenhafte Richtung, was man immens an der in der Geschichte vermittelten Spiritualität und der Optik des Filmes erkennt. Beispiele hierfür reichen von menschenfressenden Inseln, über die in allen möglichen Farben des Regenbogens leuchtende Fauna und Flora des Meeres, bis hin zu Pi's Faszination von Religionen, die er quasi schon sammelt wie andere Leute Pokemon fangen. Und hier geht der Regisseur (ich habe die Buchvorlage nicht gelesen) einen sehr gewagten Schritt, da anscheinend in jeder Situation im Leben etwas philosophisches zu finden ist. Seien es nun Jesus, Jehova, Allah, Ganesh oder Buddha, einer von ihnen ist immer präsent und möchte den Menschen Botschaften zukommen lassen.

Wie zu Beginn schon erwähnt, will Pi mit seiner Geschichte Santi seinen Glauben an das Fantastische, vielleicht sogar an Gott zurückgeben. Pi erzählt weiter von seiner Rettung nach knapp 200 Tagen auf Hoher See und dem anschließenden Interview der japanischen Versicherungsgesellschaft, welche herauszufinden versucht, warum das Schiff untergegangen ist. Pi's Geschichte mit dem Tiger, der Hyäne, dem Zebra und den unzähligen märchenhaften, fast schon an reine Erfindung grenzenden Geschehnissen lassen die japanischen Versicherungsbeamten skeptisch werden und fragen Pi, ob sich seine ganze "Reise" wirklich so zugetragen hat, wie er sagt. (Es ist immens schwer über diesen Film objektiv zu reden, ohne etwas zu spoilern). Pi sah ein, dass diese Beamten ihm nicht glaubten, er wollte sie aber "glauben" machen lassen. Er präsentierte ihnen eine zweite, abgeänderte Version, in welcher er sich mit dem Schiffskoch, einem Matrosen und noch jemanden auf das Rettungsboot evakuieren konnte. Nach kurzer Zeit begannen die anderen aber, genau wie die Hyäne und der Tiger, aufeinander loszugehen. Sei dies nun durch Streit, durch Hunger oder durch mentalen Stress passiert. Pi wurde mit dieser Realität nicht fertig und erfand sich daher bewusst die Tiere herbei, um die Geschehnisse zu entmenschlichen. Auf die Frage, welche Variante der Geschichte nun besser gefiele, antworteten bis zu diesem Zeitpunkt alle von Pi's Zuhörern: die Beamten, Santi, seine Freunde, etc.; sie alle antworteten, dass ihnen die Tigervariante besser gefiele. Vielleicht weil die Brutalität des Menschen durch diese Interpretation zumindest erzählerisch getilgt wurde. Die Menschen entschieden sich bewusst für das Unglaubliche, das Fantastische, "und so ist es auch mit Gott", lautet Pi's finaler Satz in seiner Erzählung.


"*Rawr* Ich bin eine Mietze-Katze!"

Der Film ist im Gegensatz zu diesen spirituellen Ansätzen des Plots ironischerweise ein sehr technischer Film. Es wurde zum Beispiel fast nie unter freiem Himmel gedreht und wie bei Titanic damals wurde ein großer Pool gebaut. Alle Tiere sind überaus gelungene, trotzdem eindeutig erkennbare Kreationen von Computerprogrammen, und vieles mehr, von Wetter bis Requisiten (stellenweise sogar das Boot), sind Produkte der Spezialeffekte. Besonders die Visualisierung des Tigers wurde hochgelobt, gewann sogar einen Oscar und ja, es sieht alles unglaublich gut aus, aber trotzdem erkennt man ständig, dass es sich um Effekte handelt. Im Vergleich dazu Jurassic Park oder Iron Man, in denen die Dinosaurier oder die Kampfanzüge umwerfend realistisch aussahen. In einem Zeitalter, in welchem man schon fast lebensechte Animationen erzeugen kann, wirkt der Film leider sehr künstlich. Nichtsdestotrotz sieht der Film gut aus und macht ENDLICH wieder seit Avatar: Aufbruch nach Pandora intelligenten und gekonnten Gebrauch der 3D-Technologie. Zwar ist dieser absolut nicht notwendig gewesen, aber die ein oder andere Kameraeinstellung (Ach, das Schiffswrack *schwärm*) wird dadurch sehr bereichert. Genauso handhabt es sich mit der musikalischen Hintergrunduntermalung, welche die Szenerien immer passend, aber nicht aufdringlich begleiten. Für die besten Effekte und die beste Filmmusik hat der Film verdient den Oscar erhalten. Den Gewinn für die beste Kamera, hm, ja, es gibt schon schöne, einprägsame Einstellungen und manche von denen bleiben einem sicher in Erinnerung, aber dies kann man durchaus anfechten, da einfach so vieles aus dem Computer entspringt...

Hm, habe ich nun zu Gott wiedergefunden? Wohl kaum. Ist meine Kreativität oder meine Motivation zu neuem Leben erwacht? Wir können es nur hoffen. Will man sich Life of Pi ansehen, und ich will auf keinen Fall jemandem davon abraten, sollte man davor gefeit sein, dass es sich nicht um einen actiongeladenen Survival-Thriller handelt, sondern um einen in manchen Belangen langatmigen Film, der eine Reise, eine Selbstfindung, eine philosophische Idee, ein Märchen erzählen will. Dessen Umsetzung macht den Film zwar nicht zum besten des Jahres, aber zumindest zu einem sehr sehenswerten und, meines Erachtens, zu einem der besten 2012.

santi