15. Juli 2013

Black Mesa

Ihr kennt das doch sicher auch. Euch ist langweilig übers Wochenende, seid aber zu faul eine neue Aktivität anzufangen. Eine neue Fernsehserie zu beginnen, ein neues Buch lesen, ein neues Videospiel spielen, ...die Motivation für etwas neues fehlt einfach. Also findet man sich eine alte Aktivität und beschäftigt sich zum Erbrechen mit dieser! Auf einmal schaut man eine ganze Nacht lang die erste Staffel seiner Lieblingsserie Futurama durch, oder liest zum Spaß halber nochmal alle Herr der Ringe oder Harry Potter-Bücher, oder man schaut sich alle Star Wars-Filme nochmals an (in der Machete-Order wohlgemerkt). Hauptsache nichts neues anfangen und die alte Sache exzessiv wiederaufleben lassen. Mich packte das Retro-Fieber ebenfalls, nur meine Droge nannte sich Half-Life. Ein spielbarer Action-Science-Fiction-Meilenstein für den PC von der Firma Valve aus dem Jahre 1998 wie man ihn zuvor noch nie sah. Und auch seine Fortsetzung war und ist immer noch ein pompöses Meisterwerk, welches weiterhin noch komponiert wird und auf einen gelungen Abschluss in Half-Life 2: Episode 3 wartet. Über die Tage hinweg rannte ich nun durch City 17, seine Kanalisationen und die herumliegenden Wälder, stets wissend, dass der letzte Teil wohl noch länger bis zu seiner Veröffentlichung braucht und der Frust über diese Tatsache durch ein erneutes Durchspielen diese außerweltlichen Videospielserie wohl nicht gestillt wird. 

Aber Stopp! Während am Ende in Episode 1 die Zitadelle der Combine abermals in einem Meer aus Licht und Schall direkt vor meinen Augen in sich zusammenbrach, kam mir eine Erinnerung zugeflogen. Eine Erinnerung an ein Projekt von Videospielfanatikern wie meinesgleichen. Sie tauften ihr Unterfangen Black Mesa und nahmen die technologisch fortschrittlicheren Physik- und Grafikwerkzeuge der Fortsetzung Half-Life 2 (2004) und bauten damit den ersten Teil von vor 6 Jahren nach. Dieses Projekt zog sich scheinbar endlos in die Länge und hat die Herzen der sehnlichst Wartenden wohl genauso bluten lassen wie Valve es derzeit mit Episode 3 macht. Hingegen anders als die Computerspielfirma vollendete das sogenannte Black Mesa-Team doch noch vor Valve, was sie sich vornahmen, und stellten ihre Modifikation letzten Oktober online und gratis ins Netz. Nun kann man auch den ersten Teil aus dem Jahre '98 in der prächtigen Source-Engine genießen und erlebt den Anfang vom Untergang des Lambda-Komplexes in einer atemberaubenden grafischen Schönheit, wie man es sich seit der Fortsetzung wünschte.




Aber genug poetisch und schwärmend palavert, kommen wir lieber zu den harten Fakten und zum Spiel an sich! Taugt Black Mesa etwas? Diese Frage könnte ich mit einem simplen "Ja" tatsächlich einfach so stehen lassen, aber wir wollen ja Details! Vorneweg haben die Programmierer mit dem Spiel Black Mesa nicht nur versucht, die Atmosphäre des Originals einzufangen, sondern sie um essentielle Facetten zu bereichern. So sieht die virtuelle Spielwelt nicht nur besser aus und hört sich besser an, sondern es wurden auch etliche neue Stimmen und Dialoge aufgenommen, um den auftretenden Personen mehr Charakter zu verleihen. Es wurden viel mehr herumliegende Gegenstände in die Spielwelt eingebaut, um den Lambda-Komplex belebter wirken zu lassen, und leere Passagen wurden clever um Rezeptionstische, Sofas, Maschinen, Bürotische, Getränkeautomaten, etc. erweitert. Jede gebaute Ecke in der physikalischen Einrichtung hat nun einen erkennbaren Zweck und existiert nicht nur, weil die damaligen Mapping-Instrumente keine Details zuließen oder die Original-Entwickler keine Texturen für diese Objekte zur Verfügung hatten. Hier wurde nicht nur nachgebaut, sondern intelligent darüber nachgedacht, was Valve damals für eine Vision von Half-Life hatte, aber es damals eben nicht in die Tat umsetzen konnten.

Hinzukommt ein extra für diesen Titel komponierter Soundtrack von Joel Nielsen, der mit den musikalischen Untermalungen von großen Blockbuster-Titeln nicht nur locker mithält, sondern sie sogar überbietet. Seien es nun actiongeladene, hektische Gitarrenriffs oder ruhige, Ambiente-Musiksegmente. Das Spiel hört sich nicht nur unglaublich geil an, sondern Joel hat es hier tatsächlich geschafft, eine Essenz von Half-Life einzufangen, die es bis dato nicht gab. Der Soundtrack samt seinem Erschaffer verdienen einen stehenden Applaus! Das erste Mal in meinem Leben ziehe ich es wirklich in Erwägung, den Soundtrack online als Download zu erwerben, einfach nur um Nielsen als unabhängigen Künstler zu unterstützen. Der Soundtrack alleine ist das Spielen fast schon wert.


Der offizielle Trailer.


Ansonsten spielt sich Black Mesa wie gehabt. Man erlebt die Resonanz-Kaskade tief unter der Erdoberfläche hautnah mit und muss sich seinen Weg springend und schießend an die Oberfläche bahnen, um eine drohende Alieninvasion zu verhindern. Da das Spiel dieses Mal auf der Source-Engine basiert, wurde auch das Menü mitverändert. So kann man wie in Valve-Spielen üblich nun endlich vor Spielbeginn das Kapitel auswählen und so schnell zur gewünschten Stelle springen. Als netten Bonus haben die Programmierer Achievements eingebaut. Diese steigern den Wiederspielbarkeitswert nur ein klein wenig, da man die meisten Sachen wohl ohnehin unbewusst im ersten Durchlauf erledigt.

Die Modifikation besitzt aber zwei Haken. Erstens, die geringere Spielzeit, da manche Passagen verkürzt oder sogar ganz ausgelassen worden sind. Dies geschah aber nicht aus Faulheit oder Ideenlosigkeit, sondern aus den simplen Überlegungen heraus, den Lambda-Komplex realistisch als physikalisch experimentelle Einrichtung darstellen zu wollen. Zweitens, das Fehlen von Xen. Hier traten während der Entwicklung tatsächlich technische Probleme und Dispute über die Umsetzung der Grenzdimension auf, sodass man den Rest schon vorzeitigt veröffentlichen wollte und Xen in Zukunft vielleicht nachgereicht wird. Dies steht aber leider noch in den Sternen und das Spiel endet mit dem Sprung ins Portal. Diese Dinge lassen aber nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass Black Mesa ein absolut gelungenes Revival und für jeden Fan der Serie ein Pflichtdownload ist! Es ist zwar leider kein Ersatz, aber versüßt doch ein klein wenig die Wartezeit. Jetzt heißt es wieder weiter auf Episode 3 hoffen...

santi



PS: 
Hier nochmals der Link zur Projektseite. Dort findet ihr auch prompt die Downloadmöglichkeiten für das Spiel und seinen grandiosen Soundtrack: www.BlackMesaSource.com

10. Juli 2013

Orcs Must Die! 2

Sicher erinnert ihr euch noch an das Strategie-Shooter-Feuerwerk im Mittelalter-/Fantasysetting Orcs must die!. Man versuchte eine Horde Orks, welche in bestimmten Intervallen auf einen zugerannt kamen, im klassischen Stil eines Tower-Defense-Spieles daran zu hindern, von A nach B zu gelangen. Dies tat man entweder mit Hindernissen wie Barrikaden, Stachelfallen, Ballisten, Teergruben, giftigen Pilzen, explodierenden Lockvögeln oder was nicht noch alles, oder man warf sich mit dem eigenen Boxhandschuh, Speer, Schwert oder Armbrust in den Tumult hinein, sollten die Fallen nicht mehr ausreichen. Leider musste man dies in vergangenen Zeiten noch alleine tun und sehnlichst wünschten sich viele Spieler einen Freund herbei, mit dem man gemeinsam die Flure, Hallen und Brücken der zu verteidigenden Schlösser mit dem Blut seiner Feinde tränken konnte. Nun, die Fans wünschten es sich, Robot Entertainment lieferte. KOOP für das Ork-Schnetzel-Spiel Orcs must die!. Jetzt kann man sich endlich zu zweit gegen die heranschwappenden Wellen der grünen Flut behaupten, an Strategien tüfteln und inbrünstig Verzweiflungsschreie entgegen den Bildschirm brüllen, während man Schulter an Schulter inmitten von Orks, Kobolden, Gnomen, Trollen und Zyklopen untergeht. Ein Spaß für die ganze Familie! Na gut, für zumindest 2 Leute dieser Familie!

Orcs must die! 2 setzt die Geschichte des ersten Teiles fort. Die Rifts wurden geschlossen und somit die Orkhorden aufgehalten. Leider floss aus den Rifts auch die Magie in die Welten der Menschen und Orks, und ohne den Rifts droht diese zu versiegen. Und nicht nur das, denn scheinbar sind die Menschen in dieser Fantasywelt vollkommen abhängig von dieser Magie, um Landwirtschaft zu treiben, Tiere zu jagen, Früchte zu pflücken ...einfach alles, um an Nahrungsmittel zu kommen ist abhängig von Magie. Ohne dieser Magie droht ihnen also der sichere Hungertod. Daher müssen die Rifts wieder geöffnet und erneut von den herannahenden grünen Barbaren verteidigt werden. Was ein Schwachsinnsszenario, aber immerhin wird in Orcs must die! auf den Plot ohnehin nicht so viel Wert gelegt. Denn in diesem Spiel geht es um Orkse meeeeeetzeeeeeeln! Und das verstehen die Programmierer von Robot Entertainment schon eher geschickt in die Tat umzusetzen.

Was bringt denn der zweite Teil nun mit sich? Zuallererst einmal neue Waffen und Fallen. Braucht man das? Eigentlich nicht. Neue Gegner kommen auch dazu, aber das ist eigentlich auch nur netter Schnickschnack und wird meist vom Spieler gar nicht wahrgenommen. Neue Level...das sollte ja selbstverständlich sein. Die beeindruckenden Extras von dem Spiel lassen sich also an einer Hand abzählen. Um genauer zu sein, an einem Finger.Kooperativer Zweispieler-Spielmodus! Alle Level sind darauf ausgelegt, sie mit einem Freund zu spielen. So gilt es meistens nicht nur 2, sondern gleich 3 oder gar 4 Korridore zu befestigen und zu halten. Alleine ist dies auf dem normalen Schwierigkeitsgrad zu Beginn des Spieles zwar noch möglich, aber in den späteren Levels oder auf höheren Schwierigkeitsgraden braucht man schon die Reflexe und Geschicklichkeit eines Japaners oder Koreaners, um einen Sieg mit voller Punktezahl zu erringen.

Nicht nur die Level sind auf ein Zusammenspiel ausgelegt, auch das Inventar verändert sich. Spielt man alleine, kann man bis zu 10 Waffen und Fallen mit sich tragen. Spielt man jedoch mit einem Partner, beschränken sich eure Möglichkeiten auf 5-6 Gegenstände, die ihr bei euch tragen könnt. Absprache ist daher ein absolutes Muss! Wenn einer von euch eine Teergrube mit hat, braucht der andere gewiss keine Frostfalle. Zusätzlich dazu müsst ihr euch zu Beginn des Spieles zwischen dem Kriegsmagier und der Zauberin entscheiden. Beide tragen jeweils andere Waffen und Fallen mit sich und spielen sich auch leicht verschieden, was eine Absprache natürlich noch interessanter macht. Der Kampfmagier hat zum Beispiel eine wesentlich größere Gesundheitsanzeige und mehr Nahkampfwaffen, schmeißt sich ergo viel lieber ins Getümmel. Die Zauberin andererseits besitzt wenig Gesundheit, aber dafür umso mehr Fernkampfwaffen und Mana für Magie, und agiert daher lieber aus dem Hintergrund. Für jeden also etwas dabei.


Hach ja, Seite an Seite kämpfen. 
Zum Glück gibt es kein Friendly Fire.


Abgesehen vom Koop hat sich auch das Freischaltsystem verändert. So erhält man nicht nur erst nach erfolgreichem Abschluss eines Levels neue Fallen und Waffen, um diese mit eingesammelten Schädeln (quasi die Währung des Spieles) aufzupimpen und stärker zu machen, sondern man verwendet diese Schädel nun ebenfalls, um sich selbst neue Gegenstände zu kaufen, die man im normalen Spielverlauf nicht freischalten würde. Die Schädel können dieses Mal auch durch ein erneutes Abschließen eines Levels verdient werden, anders als im Vorgänger, in welchem man seine Schädel noch klug einsetzen musste, da diese nur begrenzt vergeben wurden. Dies fördert den Wiederspielbarkeitswert immens, da man ständig seine Schädel sammelt und in neue Gegenstände oder Upgrades investiert. Auf der anderen Seite macht dies natürlich den Schwierigkeitsgrad des Spieles ein bisschen obsolet, da man sich durch das Sammeln der Schädel bereits früh ein sehr individuelles Set an Waffen und Fallen zusammenstellen kann, und man es somit gegen die Orks leichter hat, sollte man vorher genug Zeit in das Spiel gesteckt haben. Ob einem dieser Entwicklungsschritt gefällt, muss jeder für sich entscheiden. Ich bewerte diese Veränderung eigentlich recht positiv, da nun meine Spielzeit, egal was ich mache, belohnt wird, und ein sogenanntes "Verskillen" quasi nonexistent ist. Bedauerswert ist aber, dass das System mit den temporären Boni, die man sich vor Beginn jeder neuen Karte aussuchen konnte, wegfiel. Dieses Feature brachte neben der richtigen Auswahl der Fallen ein bisschen mehr Tiefgang in die Strategien hinein. Schade.

Eine nette Erweiterung am Rande sind noch die verfügbaren Spielmodi. Man hat nämlich nicht nur die neuen Level zu Verfügung, sondern kann auch jederzeit zu zweit die Level aus dem ersten Teil zusammen wiederspielen. Hinzukommen auch noch ein Endlosmodus, welcher gegen Welle 45 fast schon unmöglich zu bewältigen wird, und eine Weekly Challange (man muss einen bestimmten Level mit einem vorgegeben Set an Waffen und Fallen spielen). Diese beiden Modi machen ein Einschalten des Spieles alle paar Wochen wesentlich attraktiver und zögert die Abnützungserscheinungen des Titels um ein Vielfaches heraus.

Resümee: Durch die mangelnde Qualität der Geschichte wirkt das Spiel alles in allem leider eher wie ein Add-On mit vielen zusätzlichen Waffen, Levels, Fallen und einem Koop-Modus, als wie eine Fortsetzung um die Geschichte weiterzuerzählen. Sollte man mit dem ersten Orcs must die! zufrieden gewesen sein und den Koop-Modus nicht brauchen, dann kann man getrost dem Nachfolger fernbleiben. Denn das ist wirklich die einzige große Stärke von Orcs must die! 2: der Koop-Modus. Solltet ihr noch keinen der beiden Titel besitzen, so rate ich, dass ihr euch für einen von beiden entscheidet, da sie eigentlich genau das gleiche Spiel sind. Wollt ihr lieber Einzelspieleraction? Dann greift zum ersten Teil. Wenn euch Multiplayer besser gefällt, dann ist wohl der zweite Teil die bessere Wahl. Den geringen Wissensverlust bezüglich der Story kann man beruhigt ignorieren. Trotz allem macht der Titel Orcs must die! 2 nichts wirklich falsch und ist eine Menge Spaß zu spielen!

santi

5. Juli 2013

World War Z: An Oral History of the Zombie War

Yeah, Trailer vor einem Kinofilm sind fast ein größeres Highlight als der Film selbst! Na mal sehen: Aha.... 0815 Liebeskomödie.... Uh, die Doku könnte vielleicht ganz interessant sein, aber bei DEM Publikum im Saal wird diese Werbung wohl wenig fruchten ....neargh, noch ein sinnloser Actionfilm und unzählige millionen Dollar verschwendet -_- .... Juhu, es ist eine weitere Comicbuchverfilmung von Marvel! Scheiß auf die millionen Dollar! ....Was kommt denn nun? Brad Pitt mit einem dünnen Schal mitten im Sommer. Macht der jetzt auf Hipster? Aha, es rennen viele Menschen vor irgendetwas weg. Brad läuft mit. Man sieht noch nicht wirklich irgendwas. Wird wohl ein Katastrophenfilm sein. Oder irgendein Monsterfilm. Jetzt sieht man auf einmal Schiffe auf dem Meer.... das erinnert mich doch an etwas. Katastrophen und Zuflucht auf dem Meer klingen verdammt vertraut. Nur woher? Oje, mir ahnt übles. Oh Gott, bitte lass die Katastrophe keine Zombieapokalypse sein.... NEEEEEIIIIIN, es sind wirklich Zombies! Bitte lass es keine Verfilmung von dem grandiosen Buch World War Z sein! .....AAAAAAHHHHH, es ist die Verfilmung!!! Rettet euch! Rettet euch solange ihr noch könnt!!!!!




Es ist wirklich zum Heulen, denn kein Buch bleibt von der schreibfaulen Hollywood-Industrie verschont. Ich weiß nicht einmal, wo ich anfangen soll rumzumeckern, so sehr hält sich meine Begeisterung über den kommenden Kinofilm in Grenzen. Aber ich sollte wohl nicht voreilig Schlüsse ziehen und rumraunzen. Vielleicht wird der Film ja sogar ganz gut, wenngleich er an die Buchvorlage niemals herankommen wird! Hmpf, immerhin steht der Trost über diesen Zwiespalt in Papierform nur 4 Meter weit weg in meinem Bücherregal und weckt Erinnerungen an bessere Zeiten, in welchen Drehbuchautor noch selbst Geschichten erfanden und ich statt für die Uni zu lernen, lieber auf dem Sofa gelegen bin und ein Buch gelesen habe. Und ein paar von euch kennen mich gut genug, um zu wissen, dass solch ein Ereignis eher selten stattfindet, und es sich dementsprechend um ein verdammt gutes Buch handeln muss! Also warum nicht zuerst über das Buch, auf welchem der Film basiert, schreiben, anstatt rumzumeckern? Worum es in World War Z des Autors Max Brooks (Sohn des berühmten Mel Brooks (Spaceballs)) geht, wisst ihr ja schon: die Zombieapokalypse bricht aus bzw. brach aus, denn alle in dem Buch geschilderten Ereignisse finden in der Vergangenheit der eigentlichen Geschichte statt. Aber gehen wir lieber nochmal auf Anfang.

In der Einleitung des Buches will ein engagierter UNO-Mitarbeiter einen Bericht über die sogenannten Z-Kriege verfassen, da viele Dokumente und Daten noch in Zusammenhang gebracht und katalogisiert werden müssen. Sein direkter Vorgesetzter erkennt jedoch die Leidenschaft, mit welcher dieser junge Büroangestellte zu Werke geht, und meint zu diesem, er könne doch gleich ein Buch aus Augenzeugenberichten schreiben, welches zugleich den umfassenden Abschlussbericht darstellt. Und schon macht sich nach nur 3 Seiten Einleitung unser Büroangestellter auf eine lange Reise um die Welt, um als Hobbyjournalist Menschen zu interviewen. Darum geht es in dem Buch: man liest selten die eigenen Worte der Hauptperson, falls man sie so überhaupt nennen kann, da sie ja nur einen zweckmäßigen Rahmen erstellt, um den Stil der Erzählung zu rechtfertigen, ...man liest nie die eigenen Worte dieser Hauptperson, sondern immer nur die verschiedenen Schilderungen von bereits in die Jahre gekommenen Leuten, welche die Zombieinvasion vor einigen Jahren überlebt haben. Alle paar Seiten wechselt also die Perspektive und der Standort. Daher auch der Untertitel "An Oral History...". Nach und nach berichten diese Personen nun, was sie so erlebt haben, und man erhält einen netten Überblick, wie die Leute in verschiedenen Erdteilen den Ausbruch der Invasion mitbekamen und um ihr Überleben kämpften, was uns auch schon zum interessantesten Aspekt des Buches bringt. Objektivitität versus Subjektivität.

Obwohl der Autor unglaubliche Raffinesse und Kreativität an den Tag legt über Faktoren, die bei so einer Apokalypse mitspielen, beschränkt er durch diesen losen Zusammenhang von vollkommen willkürlich ausgewählten fiktiven Interviewpartnern enorm das Verständnis über die Dinge, die überhaupt passieren. So erfährt man zum Beispiel nie, wie die Invasion genau ausgebrochen ist, oder was mit dem einen Staat passiert ist, obwohl zu Beginn noch genau dieser Staat erwähnt wurde. Es bleiben so viele Fragen offen, eben bedingt durch den Erzählstil des Buches. Der Leser bekommt trotz eines extrem süchtig machenden Stilmittels nie vollständige Antworten auf seine Fragen und bleibt nach Beendigung des Buches ein bisschen in der Luft hängen gelassen. Die Struktur mit den Interviews ist im doppelten Sinne aber genial von dem Autor gewählt. Er schafft dadurch nicht nur eine außergewöhnliche Rahmenhandlung, die es alleine schon wert ist, gelesen zu werden, sondern entzieht sich damit zugleich jeglicher Verantwortung, schlussendlich abschließende Antworten vorlegen zu müssen. BÄM, Geniestreich!

Auf der anderen Seite erfindet Max Brooks SO viele (ja, ich muss es großschreiben, da es wirklich viele sind) fiktive Personen und Geschichten zu ihnen, dass man ihm trotz der offenen Antworten am Ende nicht böse sein kann. Er verleiht jeder Person alleine schon durch die Art wie sie redet und gestikuliert so unglaublich viel Authentizität, Diversität und Einzigartigkeit, sodass man sich ihre Erlebnisse derart im Kopf verinnerlicht, als sei man selbst auf der Flucht vor den Zombies gewesen, als sei es eine echte Person, die hier ihre Geschichte erzählt und kein erfundener Charakter. Durch diese schiere Menge an Erzählfiguren, erhält man nun widersprüchlicherweise doch genug Objektivität über die Ereignisse, aber eben immer nur aus der Sicht eines Einzelnen und nie das gesamte Bild.

Hinzukommt, dass Brooks Faktoren berücksichtigt, an die Ottonormalverbraucher nicht mal denken würden. Eine "kurze" Liste:
  • Wie verhalten sich Tiere, speziell Hunde gegenüber Zombies? Kann man dies zu seinem Vorteil nützen? Jagen Zombies wirklich nur Menschen?
  • In welchen Regionen sind Untote überlebens- bzw. fortbewegungsfähig? Speziell in verschneiten Regionen oder im Meer.
  • Sind Inseln wirklich die beste Zufluchtsmöglichkeit?
  • Wie sehr am Arsch sind eigentlich Astronauten im Orbit?
  • Warum funktionieren biologische, chemische und nukleare Waffen nicht? Wie genau funktioniert die Anatomie eines Zombies und sein Stoffwechsel?
  • Welche Kampfstrategien können entwickelt werden? Welche politischen Maßnahmen sind erfolgreich? Entstehen vielleicht Grenzkonflikte zwischen bestimmten Staaten aufgrund von Flüchtlingsströmen?
  • Wie sieht die Zivilisation nach einer Zombieinvasion aus?
  • Welche Staaten behaupten sich? Wie entwickeln sie sich nachher weiter? Wird es neue Großmächte nach so einer Invasion geben?
  • Und zu guter Letzt: Warum bricht eigentlich Chaos bei so einer Invasion aus? Und bekommt man überhaupt wirklich ALLE Zombies wieder von der Erdoberfläche weg?
An manche von diesen Überlegungen habe ich persönlich noch nie gedacht, zum Beispiel dass sich Israel und Kuba hervorragend auf eine derartige Attacke von Untoten einstellen könnten. Brooks stellt diese Überlegungen nicht nur an, sondern versucht kritisch über sie nachzudenken und sie vernünftig durch logische Argumente zu erklären. Paart man diesen Umstand nun mit den liebevoll gestalteten, zahllosen Charakteren und dem ambitionierten Erzählstil, erhält man so am Ende ein Zombiebuch, was sich immens spannend, interessant und mitreißend, zugleich auch erschreckend realistisch, emotional und clever liest. Der Film kann an diese vielschichtige Tiefenstruktur des Buches einfach nicht herankommen, da es (tut mir leid, Brad Pitt) einfach keine Hauptfigur gibt, geschweige denn einen linearen Handlungsablauf. Das, was ich vom Trailer gesehen habe, zeigt keine Verfilmung der Vorlage, sondern einen Actionfilm mit Zombies, mehr oder weniger basierend auf der Vorlage. Aber naja, ob man am Ende trotz der offenen Aspekte befriedigt oder unbefriedigt den Kinosaal verlässt oder das Buch zuklappt, hängt halt stark davon ab, was man sich von einem Film bzw. einem Buch (oder generell einer Geschichte) erwartet. Das Buch bleibt auf jeden Fall jedem zu empfehlen, der sich für Science Fiction, Fantasy, Thriller, Zombies oder Endzeitszenarien begeistert.

santi