29. März 2012

Psychonauts

Yeah, es ist fucking zwei Uhr in der Nacht und obwohl ich in der Früh um halb Acht aufstehen und zur Uni fahren sollte, schreibe ich hier total übermüdet einen neuen Artikel. Ich möchte dies hier nämlich so schnell wie möglich niederschreiben, solange die Materie noch frisch ist, denn ich habe gerade vor fünf Minuten Psychonauts durchgezockt! Da meine Veröffentlichungen aber mittlerweile wieder Mangelware geworden sind (verflucht seist du, Pflichtbewusstsein!!), muss ich erstmal schauen, ob ich das Schreiben eh noch nicht ganz verlernt habe.


Habt ihr euch schon immer mal gewünscht, Dinge mit bloßer Willenskraft bewegen zu können, die Gedanken anderer zu lesen, einfach nur unsichtbar und unverwundbar zu sein, zu fliegen ...oder einfach nur Sachen in Brand zu stecken? In Psychonauts wird euer Wunsch erfüllt! Hier übernehmt ihr die Rolle von Raz, der von zuhause abgehauen ist, um in einem Sommercamp für psychisch begabte Kinder ein Gedankenspion/-agent zu werden. Also ein Psychonaut!

Sonderlich angetan war ich vom Aussehen und der Idee des Spieles nicht. Dies lag zum Großteil wohl daran, dass ich in meiner frühen Videospielkarriere, die bereits in meiner Kindheit begonnen hatte, fast nur 3D Jump'n'Run Adventure ala Spyro und Crash Bandicoot gespielt habe und dementsprechend gesättigt war. Leider fiel Psychonauts in diese Kategorie. Die ersten paar Stunden von dem Titel waren auch zum Erbrechen langweilig, sodass ich mal wieder ein Spiel frühzeitig abbrechen wollte. Aber da dies auf negatives Feedback seitens meiner Leser und Leserinnen stieß (spielt ihr mal so viele schlechte Spiele! -.-) und durchaus ein bisschen Potenzial in diesem Spiel zu erkennen war, habe ich es hier durchgezogen. Kaum begann das Spiel, wurde ich sofort mit unzähligen verschiedenen Features vertraut gemacht bzw. wurden sie mir ungefragt ins Gesicht geklatscht. "Sammle dies für das ein; und das für dies; diese Dinger kannst du auch sammeln und dann tauschen um Level hochzusteigen; hiermit kannst du Käse schneiden; das ist für Marmeladenbrot streichen; damit rufst du das Mutterschiff; und mit diesem Finger bohrst du in der Nase;" Meine Fresse, ich habe die ersten fünf Stunden keine Ahnung gehabt was überhaupt los ist und was ich machen soll! Das ganze Sommercamp ist von Anfang an frei begehbar und da der Erkundungstrieb in mir nunmal größer als der Drang, die Story weiterzuspielen, weil ich ja Dinge verpassen und liegen lassen könnte, ist, musste ich wie ein verzweifelter Neurotiker natürlich erstmal alles, und ich meine AAAAAALLES, ausforschen. Falls ihr vorhabt, dieses Spiel zu spielen: bitte macht es anders als ich und spielt einfach die Story. Später habe ich nämlich herausgefunden, dass man nachher eh wieder an jeden "Ort" reisen kann. Als mir diese Erkenntnis kam, wollte ich aus Frust fast meinen Schreibtisch umschmeißen. 9gagger werden jetzt wahrscheinlich an das richtige Bild denken!

Nun gut, bis ich meine ersten Psychoskills also endlich hatte, dauerte es so rund fünf bis sieben Stunden. Normale Spieler hätten dafür wahrscheinlich nur zwei oder drei gebraucht. Um diese Fähigkeiten freizuschalten, muss man gewisse "Trainingskurse" absolvieren, um am Ende jedes Kurses eine Art Pfadfinderauszeichnung zu bekommen. Mit dieser seid ihr berechtigt, die erworbenen Fähigkeiten auch "außerhalb", in der realen Welt, nutzen zu dürfen. Aber manche von diesen Skills erhält man auch durch Levelaufstieg oder Erfüllung einer Nebenquest.

Mittlerweile sollte jedem von euch aufgefallen sein, dass ich die Worte "Ort", "Trainingskurs" und "außerhalb" unter Anführungszeichen gesetzt habe. Das liegt daran, dass die Level dieses Spieles zumeist keine realen Standorte sind, sondern eine Reise durch das Unterbewusstsein von den restlichen Charakteren im Spiel. Ihr seid ja auch, wie bereits erwähnt, kein normaler Agent, sondern ein Gedankenagent. Nachdem ihr also die Trainingskurse, welche einfach nur die Gedankenwelten eurer Lehrer sind, erfolgreich bestanden habt, dürft ihr auch schon herumlaufen und euch in die mentalen Abgründe anderer Personen begeben. Und diese geniale und kreative Levelgestaltung verdient eine Auszeichnung!

Mal rennt man als Godzilla in der Psyche eines Fisches 
(ja, eines Fisches) herum (oben), ein ander Mal muss man
ein Strategiebrettspiel gegen Napoleon gewinnen (unten), um 
die Person zu heilen. Und ein anderes Mal sogar ein Theater 
erfolgreich aufführen, damit es gute Kritiken erntet.


Sinn des Spieles ist es nun, die Person, in deren Unterbewusstsein man sich befindet, von emotionalem Balast und Traumata zu erlösen. Zumeist ist es aber die Aufgabe, sie daran zu erinnern, wer sie sind, und sie von ihrem Wahnsinn zu befreien. Natürlich gibt es noch eine tiefgründigere Haupthandlung, aber dieses Spielziel ist auch schon unglaublich interessant, faszinierend und immens gut umgesetzt. Und nach den Trainingskursen konnte ich auch endlich das restliche Sommercamp fertig erkunden! "WOOOOH!" Leider dauert es fast bis zur Hälfte des Spieles, bis die Story so richtig an Fahrt aufnimmt, und Psychonauts verliert wohl auf dieser Strecke sicher ein paar potentielle Spieler. Mich leider auch fast, hätte ich nicht die Zähne zusammengebissen. Und die habe ich mir bei der recht bescheiden programmierten Physik wirklich festgebissen...

Was ich ebenfalls noch schreiben sollte, ist, dass der Humor, der vor Selbstironie zu zerplatzen droht, grandios ist! Federführende Kraft hinter diesem Titel ist nämlich Tim Schafer, welcher schon an Day of the Tentacle, Full Throttle, Maniac Mansion und Monkey Island mitwirkte, und nach Psychonauts auch Brutal Legend herausbrachte. Spätestens bei der Erwähnung seines Namens, stoße ich bei manchem von euch nicht mehr auf taube Ohren, denke ich.

Im Groben kann man dieses Spiel also getrost spielen, ohne es im Nachhinein zu bereuen, seine Zeit verschwendet zu haben. Am Ende des Spieles habe ich aber dennoch etwas Seltsames gefühlt. Etwas, das ich nur selten fühle. Nach dem Abspann wollte ich nämlich einfach nicht akzeptieren, dass es zu Ende ist. Ich wollte weiterspielen! Fuck those people, die hätten ruhig ein noch längeres Drehbuch schreiben können! Okay, meiner Meinung nach hätte man aus den anderen Charakteren noch wesentlich mehr herausholen können, aber was solls. Dieses Spiel hat mich, trotz anfänglicher Schwierigkeiten, total in den Bann gezogen und süchtig gemacht, weil es einfach simpel und doch auf eine kluge Weise Spaß macht. Ich wollte einfach alles einsammeln, ausprobieren und erfahren. Es hat sich fast schon so angefühlt, als müsste ich von einem guten Freund Abschied nehmen. Nicht jedes Spiel erzeugt dieses Gefühl!

santi

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen