11. Februar 2012

Bahnwärter Thiel

Eigentlich hatte ich ein Experiment geplant. Nämlich den Film Tree of Life zusammen mit dem Buch Bahnwärter Thiel in einem Review zu kombinieren und zu vergleichen. Beide, Regisseur Terrence Malick und Autor Gerhart Hauptmann, bedienen sich in ihren Werken nämlich exzessiv dem Stilmittel Bildersprache. Da aber ein so langer Text meine LeserInnen höchstwahrscheinlich langweilen würde und mir komparatistische Arbeiten wohl eher weniger liegen, entschloss ich mich dagegen und zaubere einfach ein zweites Review aus dem Ärmel. Wenn sich jemand nicht für Bücher interessieren sollte, der kann jetzt getrost das Browserfenster schließen und gehen. "Tschüss Leute!!!" *aufsteh und den Raum verlass*





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Haha nein, nur Spaß! Zwar ist allgemein bekannt, dass ich nicht der größte Bücherliebhaber bin, aber wenn die Geschichte gut und einnehmend erzählt ist, sowie das Buch mich nicht mit einer krotesken Anzahl an Seiten demotiviert, lese ich gar nicht so ungerne. Zwar schlafe ich meistens sofort nach zehn Seiten ein, aber lustig ist es trotzdem. Und speziell dieses Buch, mit einer Reklamausgabe von nur sechzig Seiten, kommt mir hier sehr entgegen. ... Ich sollte wirklich mehr lesen, oder? -.-


Die Hauptfigur ist der titelgebende Thiel. Dieser lebt ein einfaches und schlichtes Leben. Er steht auf, arbeitet im Schichtdienst als Bahnwärter, kommt nach Hause und schläft wieder. Seine Liebligsabwechslung ist der sonntägliche Gang in die Kirche. Erstaunlichweise hat er sogar eine Frau. Eigentlich könnten beide nicht unterschiedlicher sein. Er: groß, muskulös und stark, raue Haut. Sie: klein, grazil, schlank, sanfte Haut. Die einzige Gemeinsamkeit, die sie besitzen, ist wohl ihre Verschwiegenheit. Nach geraumer Zeit bekommen sie ein Kind zusammen, welches sie Tobias taufen. Natürlich kümmert sich Thiels Frau um das Baby, da Thiel ja arbeiten muss. Da so eine Geschichte aber keine Motivation liefert, weitergelesen zu werden, lässt Hauptmann, genau wie Malick in The Tree of Life, eine Figur sterben. Eine Tragödie ist doch gleich viel lesenswerter! Doch anders als Malick, lässt Hauptmann nicht ein Kind, sondern die Ehefrau sterben, was Thiel nun mit der Erziehung von Tobias alleine lassen würde. Daher sucht er sich nach einer kurzen Weile eine neue Frau, welche das vollkomme Gegenteil seiner ersten Gattin zu sein scheint. Ich könnte jetzt mit Adjektiven um mich werfen, aber wenn ich den Begriff "mollige, starke Bauernfrau" fallen lasse, wird der Großteil von euch schon wissen, was ich meine. Diese sieht tatsächlich immer noch eine Bedrohung ihrer Ehe durch Tobias, da er ja die Brut ihrer Vorgängerin war. Neid und Machtwünsche äußern sich dadurch, dass sie, die zweite Ehefrau (mir will der Name einfach nicht mehr einfallen), Tobias schlecht behandelt, schickaniert und teilweise sogar psychischer Folter oder physischer Gewalt aussetzt. Fast schon so, als ob sie einen Eindringling oder ein Ungeziefer loswerden will.

Soviel mal zur Inhaltsangabe. Zu viel will ich euch ja nicht verraten, da ihr selber lesen solltet, wie Thiel auf dieses Verhalten seiner neuen Ehefrau reagiert und welche Konsequenzen gezogen werden. Wie bereits erwähnt, spricht die Hauptfigur Thiel nur sehr wenig. Dadurch kommen logischerweise auch nicht viele Dialoge mit den anderen Charakteren der Geschichte zustande. Wenn man nun eine Geschichte erzählen will, die Personen in dieser aber nicht sehr viel miteinander reden, was bleibt einem dann noch übrig, um die Emotionen und Gedanken der Figuren zu expressieren? Genau! Man lässt die Umwelt einfach die Gefühle darstellen. Wenn nun Thiel zum Beispiel einen beunruhigenden Gedanken hat, beschreibt der Autor einen Sturm, der zeitgleich draußen tobt. Hat sich sein Gemütszustand beruhigt, so beschreibt er einen sanften Sonnenuntergang. Durch den krassen Mangel an verbaler Informationsübertragung bleibt dem Leser/der Leserin auch genug freier Interpretationsraum bezüglich der Gedanken Thiels. *Thumbs up*

Auf der anderen Seite kann dieser Freiraum aber auch fatal werden. So ist oft nicht verständlich, warum zur Hölle nie Tacheles geredet wird, sondern lieber beschrieben wird, wie stark der Wind weht oder wie hoch die Sonne gerade steht. Dennoch fand ich Bahnwärter Thiel ganz lesenswert und empfehle es, als schnelle Lektüre für zwischendurch, durchaus weiter. Besonders zugesagt hat mir, dass die Heranziehung von Metaphern als Parallele für eine potentielle Psychoanalyse des Hauptcharatkeres wesentlich besser funktioniert hat als bei Malick.

santi

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