21. August 2012

Prometheus - Dunkle Zeichen

Lange freute ich mich darauf, Prometheus endlich sehen zu können. Das neueste Werk von Ridley Scott versprach auch viel. Neue Fragen UND neue Antworten zur Alien-Saga. Nach fast einer ganzen Dekade mittelmäßiger Hollywoodschinken, befürchteten einige, Ridley Scott hat seit seinen letzten großen Hits Gladiator, Black Hawk Down und Hannibal das Handwerk verlernt und werde wohl bald Opfer seines Alters. Diese scheinbar beginnende Senilität sei in seinem letzten Film Robin Hood unverkennbar der neue Marionettenspieler, welcher Ridley die Fäden der Macht aus der Hand nahm und nun selbstständig agiere. Der Gute ist auch immerhin schon 75. In dem Film Königreich der Himmel erkannte man schon seinerseits eine leichte negative Tendenz Richtung schlechtem Storytelling. Den Höhepunkt fand dieser Trend vor 2 Jahren in eben den gerade genanntem Film Robin Hood. Auf der anderen Seite machte der erste Teaser zu Prometheus (hier zu sehen auf Youtube) den Eindruck, der alte Lehrmeister des Science Fiction Genres besinne sich wieder auf seine alten Fähigkeiten und erweckte Hoffnung auf Großes. Ridley Scott versprach Großes. Was dabei herauskam, ist ein visuell sehr imposanter Film, welcher es seit langem wieder versteht, die 3D-Technologie halbwegs effektiv einzusetzen, ohne dabei das Publikum potenziellen Kopfschmerzen oder Brechreizen auszusetzen. Aber leider ist er ein inhaltlich sehr magerer Einheitsbrei, welcher durch seine immens einfältigen Drehbuchkonzepte und fast schon psychisch gestörten, von Stereotypen durchtränkten und unrealistisch gezeichneten Charakteren jeglichen Anspruch auf eine seriöse Bewertung auf einer 10-Punkte-Skala verliert. Und ja, ich bin mir durchaus bewusst, dass ich hier gerade die Worte "Unrealistisch" und "Science Fiction" im selben Zusamenhang verwende. Aber nur weil es ein Science Fiction Film ist, bedeutet dies nicht, den Personen kein Gehirn mit auf ihrem Weg geben zu können. Wer mich kennt, weiß, dass gutes Aussehen alleine bei mir nicht ausreicht, eine bessere Note zu verleihen. Geschweige denn, die Optik in das endgültige Zeugnis miteinfließen zu lassen. Dementsprechend lege ich bei Spielen großen Wert auf Spielmechanik, Geschichte und Steuerung. Da es bei einem Film mangels der Tatsache, dass er eben nur ein Film ist, keine Steuerung oder sonstige Interaktionsmöglichkeiten gibt, wiegt sich das Gewicht der Geschichte wesentlicher auf ein gutes Kinoerlebnis auf.




Die Einleitung war lang, darum wird die Inhaltsangabe umso kürzer und zynischer ausfallen.
Im Jahr 2093 fliegt das Raumschiff Prometheus zu einem erdähnlichen Mond. Diese Idee ist übrigens überhaupt nicht von James Cameron geklaut. Die Crew befindet sich in einem Kältetiefschlaf, wobei sie interessanterweise problemlos träumen können. Währenddessen "bewacht" der Android David das Raumschiff, damit sie in den leeren Weiten des Universums ja nicht ein Eichhörnchen überfahren oder aus der Kurve rutschen. Er sorgt dafür, dass die Triebwerke online bleiben, da man im Weltall ja permanent einen Antrieb braucht und nicht von alleine durch die Gegend fliegen kann, isst und trinkt, schaut fern und verbraucht noch auf allerlei andere Art und Weise wertvolle Ressourcen. Ein Android kann sich ja leider nicht so elegant wie ein Mensch auf Standby schalten...

Bei dem Mond angekommen werden die Crewmitglieder von David aufgeweckt und lernen sich zum ersten Mal kennen und werden über ihre Mission gebrieft. Das Stellenangebot in der Zeitung muss der totale Hammer gewesen sein, dass ich mich für eine jahrelange, Lichtjahre von der Erde entfernte Mission einschreibe, ohne vorher zu erfahren, wer meine Kollegen sein werden, wie lange die Reise dauern wird oder was überhaupt meine Aufgabe sein wird. *seufz* Bei diesem Briefing wird erklärt, dass die Hauptwissenschaftlerin an Gott glaubt, keiner auf dem Schiff sich verpflichtet fühlen muss, bei wissenschaftlichen Entdeckungen dies den anderen mitzuteilen, und achja, die Suche nach intelligentem Leben, welches vielleicht die Menschheit erschaffen hat.

Auf dem Mond angekommen finden sie nach zehn Sekunden schon genau das, was sie suchten: Zeichen von intelligentem Leben, nämlich gerade Striche. Wirkliches Zitat: "Gott erschafft nicht in geraden Linien". Eine unter dem Mikroskop betrachtete Schneeflocke oder komplexe Molekularverbindungen weisen ja auch keine geraden Striche auf. Übrigens: der Mondplanet ist 10mal größer als die Erde, was ihre sekundenlange Suche sehr seltsam macht. Aus meiner Sicht hätten sie diesen Ort schon nach 5 Sekunden finden müssen! 

Wie dem auch sei, dort gelandet, besprechen sie nicht etwa einen Einsatzplan oder verteilen Aufgaben und Rollen. Dies ist auch nicht wirklich notwendig, da jeder nur ein Stereotyp ist und lediglich dazu dient, irgendwann einen Satz zu sagen, um den Plot voranzutreiben, oder zu sterben. Dies scheint jeder Person vollkommen bewusst zu sein. Also macht sich die Hälfte der Crew kurz vor Einbruch der Dunkelheit auf zu dem gerade entdeckten Gebäude, ohne vorher nach anderen Zeichen von künstlichen Gebildnissen oder Städten Ausschau zu halten. Apropos Stereotyp: der Schwarze stirbt am Ende und ist der Coolste von allen. Aber das sollte euch ohnehin nicht überraschen.


Rapace als weibliche Heroine. Man beachte bitte ihren weltfernen Blick.


In dem runden Gebäude, welches sie "Pyramide" nennen *seufz*, kartografieren sie mithilfe von selbstsuchenden, fliegenden Dragonballs die Umgebung und gehen los. Nachdem eine von den Pseudowissenschaftlern das Luftgemisch analysiert hat, meint sie, dass der CO2-Wert im Inneren der runden Pyramide nicht toxisch und die Luft im Grunde atembar sei. Kluge Wissenschaftler wie alle nunmal sind, nehmen sie prompt alle ihre Helme ab und empfangen ihre Idioten-des-Jahres-Awards. Es können ja sonst keine anderen giftigen Gase, tödliche Viren oder Bakterien in der Luft herumschwirren. Dass sie ihre Keime nun in die Atmosphäre pumpen stört auch niemanden. Auf ihrem Weg weiter ins Innere fassen sie alles mögliche mit ihren Patschehänden an und übertragen Video- und Audiosignale in die Prometheus, ohne diese zu speichern oder archivieren. Aber warum sollten sie das alles aufzeichnen? Empirische Wissenschaft funktioniert nun mal so, dass man alles blindlings angreift und KEIN Protokoll führt. Auf einmal finden sie einen toten Alienkörper und sind nicht darüber schockiert, dass es doch intelligentes Leben im Universum gab. Auf der Erde gibt es das ja scheinbar nicht. Also nehmen sie den Kopf des Außerirdischen mit, welcher glücklicherweise schon vorher enthauptet war, und gehen wieder zum Schiff zurück. Dies machten zwei von ihnen schon vorher, da sie ja nur Geologen sind und so ein totes Alien keine große Entdeckung in ihren Augen darstellt. Klug wie sie sind verlaufen sie sich in der Pyramide und klug wie alle anderen im Raumschiff sind, versuchen sie nicht, sie per Funk durch das Gebäude in die Freiheit zu lotsen. Randbemerkung hier: die ganze Zeit über kartografieren die Dragonballs das Gebäude und übertragen ein 3D-Modell ins Raumschiff, damit die Leute dort die Crew lokalisieren kann. 

Also warum lotsen sie die beiden Verirrten nicht einfach hinaus?!?! BOOOAH, ich bin so knapp davor, mein eigenes Zimmer zu demolieren, weil einfach alle, ALLE (außer den Dragonballs) Idioten sind. Sie sind nicht dumm, sondern wirkliche IDIOTEN!!!! Nur ein einziges Mal tat jemand etwas, was in meinen Augen total logisch, vernünftig und nachvollziehbar war. Nämlich eine der anderen Personen mit einen Flammenwerfer zu grillen! Obwohl ich euch ehrlich sagen muss, ich hätte dies nach einer Weile ohnehin aus reiner Mordlust getan. "Wissenschaftliche Expidition", so ein Pupskack. Ridley Scotts Visionen von unserer Zukunft mögen zwar düster sein, aber in dem Film hier lässt er einen anderen Film wiederauferstehen. Idiocracy! Denn anscheinend bekommt jede Nuss in den 2090er einen Abschluss an der Uni und darf sich Doktor oder Professor nennen. Weiter möchte ich mit der Inhaltsangabe nicht fortfahren, da ab dieser Stelle die sogenannte spannende Handlung beginnt und ich vielleicht endgültig einen Zuckaus auslebe. Wobei dies auch nicht wirklich zutrifft, da Prometheus zwar eine Anlehnung an Alien ist, aber die Horrorelemente zugunsten von Actionszenen und schöner Grafik opfert.


 Der grandiose Fassbender als Android David. Der Typ
gewinnt sicher irgendwann einen Oscar!


Die Schauspieler sind durch die Bank gut und glaubenswürdig gespielt. Für ihre hirnlosen Charaktere und das überaus schlecht und fragwürdig geschriebene Drehbuch können sie ja nichts. Besonders herausstechend ist Michael Fassbender, welcher den Android David spielt. So kühl und emotionslos, dabei doch so überlegt, überlegen und intelligent wie er eben diesen verkörpert, können bestimmt nicht viele. Noomi Rapace, die Sigourney Weaver spielt... eh ersetzt, spielt auch hervorragend. Der einzige, der wirklich ein penetranter Fehlgriff des Casting-Teams war, ist Guy Pearce als 100 Jahre alter Peter Weyland. Guy ist 45 und spielt einen 100 Jahre alten Mann. Warum? WARUM nimmt man nicht einen ALTEN Schauspieler, sondern klatscht ihm so viel Latex Makeup in sein Gesicht, sodass man den Darsteller darunter ohnehin nicht mehr erkennen kann? Kurzweilig wurde ich sogar an die CGI-Orgie aus Benjamin Button erinnert. Wahrscheinlich hegt Ridley Scott eingeheim einen Groll gegen Guy Pearce und hat so nur versucht, ihn geschickt  und unauffällig unter seiner Maske zu ersticken. Ich mag Guy Pearce (Memento, The Time Machine), aber hier war er ein Fehlgriff.

Weswegen auch immer dieser Film bei den Kritikern eine gute Bewertung erhalten hat, bleibt mir ein Rätsel. Die einzige plausible Erklärung hierfür wäre, dass die kollektive Intelligenz der Menschheit jetzt schon zu degradieren anfängt und alle nur noch sabernd vor den Glotzen sitzen, um sich schön aussehende Filme anzusehen und dabei jegliche Ansprüche an ihr Gehirn fallen lassen. Sogar der hochrespektierte Hollywoodkritiker Roger Ebert gab dem Film eine volle Punktezahl. "labeling it a "magnificent ... blend of story, special effects and pitch-perfect casting, filmed in sane, effective 3-D that doesn't distract." und "Ebert thought that the plot, in raising questions and not answering them, made the film "intriguing" and in the "classic tradition of golden age sci-fi".

Entweder sind meine Standards zu hoch oder die der anderen zu niedrig. Ich jedenfalls bin sehr enttäuscht von Prometheus, vorallem deshalb, da im Vorhinein so viel Marketing unternommen wurde und sogar extra Internetseiten wie zum Beispiel die zu Weyland Industries eingerichtet wurden, um die Fans zu teasen. Warum diesen enormen Aufwand, wenn dann so etwas herauskommt? Und warum lässt man so viele Fragen unbeantwortet und erzeugt neue, noch verwirrendere Fragen? Ich werde es wohl nie verstehen...

santi



PS:
Hier verlinke ich euch noch zwei Websites, welche es sich zum Hobby gemacht haben, sämtliche Plotlöcher und Logikfehler zu einem eigenständigen Drehbuch zusammenzufassen. Das Durchlesen zahlt sich auf jeden Fall aus, vorausgesetzt, man kennt den Film zu dem jeweiligen Drehbuch bereits. Ich verlinke dieses Mal aber direkt zu den Prometheus-Skripten. Danke Bernd, dass du mir diese Seiten gezeigt hast! ^^
bbot-badtranscript: prometheus
the-editing-room: prometheus

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