31. Oktober 2011

The Binding of Isaac

"Gott sprach zu ihm: Abraham!
Dieser antwortete: Hier bin ich!
Und Gott sprach: Nimm deinen Sohn, deinen einzigen, den du liebst, Isaak, geh in das Land Morija und bring ihn dort auf einem der Berge, den ich dir nenne, als Brandopfer dar!
Als sie an den Ort kamen, den ihnen Gott genannt, baute Abraham den Altar, schichtete das Holz, fesselte seinen Sohn Isaak und legte ihn auf den Altar, oben auf das Holz. Schon streckte Abraham seine Hand aus und nahm das Messer, um seinen Sohn zu schlachten."
(Genesis 22,1-3; 22,9-10)
Ach Vaterliebe!*seufz*
Obwohl die Bibel zwar eine poetisch recht interessante und anspruchsvolle Lektüre ist, bin ich nicht religiös geworden, falls ihr das von mir denkt. Tatsächlich las ich die oben genannten Zeilen nur wieder einmal (ja, ich habe die fünf Bücher des Moses schon einmal gelesen gehabt...), um mich auf das Spiel The Binding of Isaac vorzubereiten. Dieser Titel baut nämlich grob auf der hebräischen Geschichte der Opferung Isaaks auf. Dessen Vater Abraham erhielt von Gott den Auftrag, seinen ihm liebsten Sohn als Geschenk zu opfern, um seine Treue zu beweisen, was im letzten Moment aber durch einen himmlischen Engel vereitelt wurde. 


Wie sehr ich ausgefallene Ideen für Computerspiele liebe, habt ihr sicherlich schon gemerkt. Und bei diesem Grundgerüst kann man nur geil darauf sein, sowas zu spielen. In The Binding of Isaac passiert genau dasselbe wie in dem biblischen Psalm: Mutter bekommt den Befehl von Gott, den einzigen Sohn zu ermorden, was sie promp, ambitioniert und mit einem gewissen Fanatismus auch gerne auszuführen versucht. Isaac jedoch flüchtet in den Keller, wo das Spiel auch schon beginnt.

Ohne nähere Erklärung des Spielzieles oder des Gameplays (Das einzige, was einem bei Spielstart gezeigt wird, sind die Tasten, mit denen man sich fortbewegt und feuert), findet Isaac dort unten nun riesige, kryptenartige Gewölbe vor, die es in Arcadesytle zu erkunden gilt. "Erkundung", an dieser Stelle, ist leider zweideutig zu verstehen, da jeder Dungeon neu zufallsgeneriert wird, sollte ein Level wiederholt werden müssen. Und als ob es nicht schon schlimm genug wäre, dass einem die eigene Mutter mit einem Hackemesser an die Nudel will, gilt es sich dort unten auch gegen allerlei komisches Gesocks zu behaupten. Hauptfokus des Spieles ist es nämlich, seltsam aussehende Kreaturen mit, nunja, so lächerlich es aus klingen mag, Luftbläschen abzuschießen. Vielleicht sollen diese Geschosse auch etwas vollkommen anderes darstellen, aber ich wüsste nicht was. Wattebällchen wären auch eine nette Option gewesen. Die Entwickler erklären, dass die Gegner, bereits in der Vergangenheit hingerichtete, Schwestern und Brüder sind. Aber der Großteil der Gegnertypen sind, meiner Meinung nach, einfach nur als ein Mischmasch aus verschiedenen, verfaulten, verstümmelten, abgefallenen und wieder aneinandergenähten Körperteilen zu identifizieren und definieren. Welches Monster nun wie getauft wird, bleibt jedem selber überlassen. Für mich gabs auf jeden Fall nur Zombieviecher, Fliegeviecher, Kriechviecher, WTF-was-bist-du?-viecher, Mutantenviecher, Hüpfeviecher, und so weiter. Trotzdem gehörten sie alle unabdingbar der Spezies Viech an. Der comikhafte Grafikstil und die 2D-Vogelperspektive liesen aber wahrscheinlich nicht sonderlich viel Raum für gut ausgearbeitete Animationen und Detailreichtum der Texturen über.

Rechts unten: Isaac
Überall anders: ach, was weiß ich, was das für Viecher sein sollen.
 Ganz oben: Dungeonübersicht, Items & Waffen, Gesundheitsanzeige


Gegen die "gefallenen Schwestern und Brüder" geht man übrigens am Besten wie folgt vor: RÜCKWÄRTS WEGRENNEN UND SCHUSSTASTE VERGEWALTIGEN. Beste Taktik ever... und so NEU! Nicht einmal die Zwischenbosse zeigen eine erkennbare KI auf und laufen vollkommen willkürlich durch die Arena. Als Belohnung für einen bestandenen Kampf oder die aufkeimende Neugierde, einen Dungeon zu durchforsten, liefert das Spiel nette Gadgets, wie Extralebensbalken, Mehrfachschuss, Spezialattacken oder eine aufgedeckte Karte. Sollte man aber sterben, darf man gaaaaaaanz von vorne anfangen. Die gefundenen Items bzw. das nicht-kontrollierbare Hochleveln des Charakteres (Stärke, Reichweite, blablabla, ist in dem Spiel eigentlich nicht wichtig) gehen verloren und Erfahrung bezüglich der Gegnertypen und Dungeonstruktur sind nonexistent, dank der Zufallsgenerierung, welche übrigens auch für die Monster gilt. Und man wird oft sterben, sag ich euch!

Hier startet mein supreme Flame auch schon!
Warum soll ich ein Spiel spielen, in welchem es keinen Fortschritt gibt?! Ich krepiere in Dungeon 5 und darf ohne meine gefundenen Hilfsmittel alles von vorne machen? Oder habe ich irgendwo einen Checkpoint verpasst? Eine Beschreibung, was zur Hölle gerade abgeht, wäre vielleicht hilfreich gewesen. Da habe ich ja mehr Spaß, wenn ich mein Geld die Toilette runterspüle...und da habe ich sogar 3D-Effekte! Hinzukommen auch noch lächerliche Prozessoranforderungen. Das Spiel ist nur 50 Megabyte groß, die Grafik ist nicht gerade anspruchsvoll, aber will dann einen 2.8 Gigahertz Prozessor?! Wie oft ich bei einem Endboss gegen eine Wand gerannt bin, weil mein Kern das zu lange Halten der linken Richtungstaste nicht mehr berechnen konnte. Also so eine schlechte Programmierung habe ich echt schon lange nicht mehr gesehen. Für so ein umfangloses Spiel (rumrennen, schießen, sterben, wiederholen) ist nun echt keine High-end-Engine notwendig und um ehrlich zu sein, kam ich mir richtig verarscht vor, was die Entwickler dem Spieler/der Spielerin als Gameplay unter die Nase reiben wollen. Zwar ist es nachvollziehbar, wenn Leute, speziell in Titeln mit Rollenspielaspekten, einen Sammeltrieb stillen wollen, aber hier kann sich dieser einfach nicht entwickeln, da man immer von vorne anfangen darf. Die Tatsache, dass man zwei weitere Charaktere freischalten kann, lassen das Spiel leider nicht besser darstehen. ...und wo zum Kuckuck ist die Mythologie aus der Vorlage abgeblieben?! >.< Warum The Binding of Isaac auf so vielen Spielemagazinseite und in Zockerforen gehyped wird und positiv wegkommt, verstehe ich nun wirklich nicht.

Nach sechs Anläufen, einer Menge Frust und insgesamt nur zwei Stunden Spielzeit, habe ich bei dem Spiel mit einer orgasmischen Befriedigung die Deinstallation durchgeführt. Und wenn jetzt jemand kommt mit: "Was, nur zwei Stunden gespielt und du wagst es, eine Kritik zu verfassen??", dem antworte ich: "F**k You! Meine Effizienz ist sich zumindest dem Unterschied zwischen Zeitvertreib und -verschwendung bewusst!" Da brauche ich nicht einmal das Wort eines himmlischen Engels, um das zu erkennen. Ich jedenfalls habe mir wesentlich mehr von The Binding of Isaac erwartet und rate jedem, der sein Geld loswerden will, es zu spenden oder einfach wörtlich aus dem Fenster zu schmeißen. Ich gehe es jetzt auf jeden Fall lachend verbrennen...

santi

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