14. Februar 2012

Ziemlich beste Freunde

Nun mal wieder zu einem etwas aktuelleren Film. Ich kann ja schließlich nicht permanent über Filme schreiben, die es nicht mehr im Kino zu sehen gibt. Und zwar erzähle ich euch ein bisschen über die französische Produktion Intouchables (deutscher Titel.: Ziemlich beste Freunde). Meine erste Aufmerksamkeit lockte der Film durch seinen witzigen und herzigen Trailer auf sich. Dabei dachte ich mir: "Hm, ja, vielleicht sehenswerter als der ganze restliche Müll, der zurzeit in den Filmschauhäusern gezeigt wird." Meine zweite Aufmerksamkeit lockte der Film auf sich, als er eine Woche nach der Premiere auf einmal auf Platz 1 der Charts war. Und die dritte Aufmerksamkeit? Dafür war es leider schon zu spät, denn auf einmal saß ich bereits im Kinosaal! o_O


Meine Verwunderung darüber, wie ich denn dorthin gekommen war, verflog schnell, denn schon in den ersten paar Minuten zieht der Film die Zuschauer/innen in den Bann. Ziemlich beste Freunde erzählt die Geschichten von Philippe, einem immens reichen, aber leider vom Hals abwärts gelähmten Aristokraten, und Driss, einen Kleinkriminellen aus dem Armenviertel, der sich zur Zeit darum bemüht, Arbeitslosengeld zu bekommen, da ihn ohne Ausbildung leider niemand nehmen will. So viel scheint die beiden also nicht zu verbinden. Ihre Wege treffen sich schlussendlich, als Philippe wieder einmal eine neue Pflegekraft sucht, da er die meisten entweder nicht ausstehen kann, oder sie einfach das Handtuch werfen. Wirklich ernst nimmt Driss seine Bewerbung aber nicht, will er doch nur eine ablehnende Unterschrift, damit er einen Beweis für das Arbeitsamt vorlegen kann, tatsächlich auf Jobsuche gewesen zu sein. Was dieser aber nicht kommen sieht ist, dass Philippe Driss's Aufrichtig- und Ehrlichkeit dermaßen sympathisch findet, dass er ihn sofort auf Probe einstellen will und lädt diesen auch ein, in seiner Villa zu wohnen. Eine Pflegekraft sollte ja schließlich rund um die Uhr erreichbar und schnell zur Stelle sein. Und so beginnt eine sehr einzigartige Freundschaft!

Zum einen schaffen es die überaus hervorragend besetzen Schauspieler, den Film so denkwürdig machen. Und zwar nicht nur die beiden Hauptdarsteller François Cluzet und Omar Sy, sondern auch die Nebenrollen sind sehr gut gespielt und man bemerkt, dass jeder sichtlich Spaß bei den Dreharbeiten gehabt hat. Kaum zu glauben ist fast schon, dass Omar Sy mit der Rolle des Pflegers eine seiner ersten großen Rollen spielt. Dafür gab es nicht nur von mir ein Daumenhoch, sondern auch gleich eine Auszeichnung für den Prix Lumière (Pariser Filmfestspielpreis und nein, ich weiß nicht, wie es ausgesprochen wird...) und eine Nominierung für den César (quasi der französische Oscar). Mit der Wahl von François Cluzet konnte das Castingteam eigentlich nichts falsch machen, hat er doch bereits genug Erfahrung in der französischen Filmszene gesammelt und einen hohen Bekannheitsgrad erreicht.

Zum anderen ist es aber auch die Präsentation. Das Thema mag auf den ersten Blick sehr ernst wirken und eine humorvolle Umsetzung des Drehbuches, welches übrigens auf einer wahren Geschichte beruht, bizarr und sehr schwer wirken lassen. Regisseur Olivier Nakache schafft es hier aber wirklich eine Basis aufzubauen, um jedem das eigene Handicap eventuell mit ein bisschen Selbstironie betrachten lassen zu können.
Ein Beispiel: Philippe hat einen Hyperventilierungsanfall, woraufhin Driss diesen zu einem nächtlichen Spaziergang in Paris mitnimmt, damit dieser frische Luft tanken und sich quasi die "Beine vertreten" kann. Um ihm auch ein wenig die Schmerzen zu nehmen, dreht Driss, lässig wie er nun mal ist, Philippe auf offener Straße vor einem Lokal einen Joint und hält ihm diesen hin. Wegrennen kann dieser ja ohnehin nicht. *facepalm* Und solche Szenen gibt es wie Sand am Meer.
Nach und nach lernt Philippe mit der Hilfe von Driss Leichtigkeit sein eigenes Leiden als essentielles Teil seines Lebens zu akzeptieren, und zwar nicht mit der Denkweise: "Ich bin gelähmt, deshalb kann ich nicht mehr so viel machen. Ich bleibe aber trotzdem der selbe Mensch wie vorher". Nein! Sondern: "Ich bin gelähmt, deshalb bin ich nun der, der ich bin und kann manche Dinge nun anders betrachten und genießen."

In Summe ist Intouchables also eine Komödie, die man als "erfrischend anders" bezeichnen kann, und gegen Ende bei manchen Kinobesuchern sicher sogar die ein oder andere Träne fließen lässt. Trotz des Themas "Querschnittslähmung" ist der Film stets spaßig und, mir fällt einfach kein besseres Wort dafür ein, herzig! Ihr könnt ihn euch durchaus auch auf Deutsch ansehen. Die Synchronisation ist nämlich ebenfalls sehr hochwertig und generell steht der Film großen amerikanischen Hollywoodproduktionen um nichts nach. Wenn ihr euch diesen Winter noch einen Film im Kino ansehen wollt, der euch in Erinnerung bleibt und euch zum Lachen und zum Nachdenken und vielleicht sogar dazu verleitet, ein bisschen Sentimentalität ans Tageslicht zu bringen, dann bitte diesen hier!

santi

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