13. Mai 2012

God bless america

Ständig habt ihr mit dummen, asozialen und nervigen Leuten zu tun. Also bringt ihr euren Unmut über deren Unfähigkeit, Stupidität und Rücksichtlosigkeit verbal zum Ausdruck. Manchmal reicht dies leider nicht mehr und man wünscht sich sooo sehr, sie physisch belehren zu dürfen. In dem Film God bless america setzt die Hauptfigur Frank ihren Frust genau auf diese Weise um, da vieler seiner Kollegen, seiner Nachbarn und Menschen, die er im Fernsehen sieht, seiner Meinung nach keinen moralischen Anstand mehr besitzen und den Begriff "Zivilisation" vollkommen zweckentfremden, da offenbar niemand mehr daran interessiert ist, sich zivilisiert zu verhalten. Also holt er seine alte Militärpistole aus dem Schrank und beginnt seinen radikalen Feldzug der Belehrung.




Zu Beginn des Filmes ist Frank einfach nur ein frustrierter und zynischer Mensch, dem der Großteil seiner Mitmenschen am Nerv geht. Er sieht es als fast schon vollkommen unmöglich an, sich intelligent mit anderen Personen unterhalten zu können, da diese keine eigene Meinung mehr besitzen, sondern nur noch das, was sie im Fernsehen hören und sehen, kopieren. Als Frank dann zusätzlich noch vom Leben an der Nase herumgeführt wird, indem er erfährt, dass er einen nicht-entfernbaren Gehirntumor besitzt, entschließt er sich zunächst dafür, einem verwöhnten und arroganten Mädchen (ala Jersey Shore, The Hills oder Laguna Beach) und daraufhin sich selber das Leben zu nehmen. Er wird jedoch von der aufgeweckten Roxy daran gehindert, welche ihm auch eine neue Perspektive offenbart: warum jetzt aufhören, wenn es doch noch so viele andere Menschen gibt, die es verdient haben zu sterben und ohne deren Existenz die Welt besser dran wäre? Ab diesem Zeitpunkt begeben sich Frank und Roxy gemeinsam auf eine Reise, in deren Verlauf die selbsternannten Richter und Henker einige Menschen privat und andere wiederrum öffentlich liquidieren, um schlussendlich an ihrem Ziel, America's Idol, dem größten Pool an Idioten, den sie sich vorstellen können, anzukommen.

Herausstechend in dem Film ist vorallem die Darbietung von Joel Murray als Frank. Seine immens fein ausgearbeitete und sympathische Interpretation der Figur, sowie deren Darstellung, geben God bless america einen ganz eigenen Charme und heben diesen auch gleichzeitig auf eine Niveauebene höher. Umso enttäuschender war daher meine Beobachtung, zu sehen, dass der Hauptcharakter und seine Komplizin sich leider nur sehr wenig weiterentwickeln und der Film eher nur von der Selektion potenzieller Todeskanditen lebt. Von Anfang an zynisch, frustiert und gelangweilt vom Leben, bleiben Franks und Roxys Ansichten während dem ganzen Schauspiel konstant gleich, und niemals hinterfragen sie ihre eigenen Handlungen. *spoileralarm* Einzige Ausnahme wäre die Hinrichtungsszene eines TV-Moderators, in welcher Frank seinem Opfer zu erklären versucht, dass er nichts gegen seine politische Einstellung hat, sondern es nur unangebracht findet, wie abscheulich, unreif, stur, narzisstisch und blind eben dieser seine Meinung präsentiert und mit seinen Konversationspartnern redet und anderweitig interagiert.

God bless america macht im Grunde alles richtig, was einen sozialkritischen Film ausmacht. Und im Gegensatz zu vielen anderen Regisseuren, verpackt Bobcat Goldthwait diesen Film nicht als Dokumentation, sondern als einen Spielfilm im Stile einer schwarzen Komödie. Diese trägt, obwohl sie sehr unterhaltsam und auf eine schlaue Weise witzig ist, stets auch die Form eines politischen, gesellschaftlichen und satirischen Manifests, da neben "normalen" Reality TV-Stars und generell unhöflichen Menschen, auch politisch engagierte Personen mit vorwiegend republikanischen Tendenzen und leicht fanatische Religionsmitglieder des Christentums Opfer von Franks tödlichem Urteil werden. Die Botschaft des Filmes ist eindeutig: die Menschen sollen zum netten, höflichen und respektvollen Umgang miteinander bewegt werden. Leider wirkt er, speziell gegen Ende, aber auch ein bisschen moralpredigend, sodass seine Seriösität leicht ins Wanken kommt.

Gäbe es diesen selbstgerechten Aspekt des Filmes nicht und wäre die Erzählsequenz (im Grunde geht es die ganze Zeit ja nur um das Töten bestimmter Menschen) nicht so repetiv und einseitig, hätte God bless america durchaus das Potenzial für einen Kultfilm. Nichtsdestotrotz empfehle ich diesen Film, den man sich ruhig alleine, aber auch in einer größeren Gruppe anschauen kann, nicht nur weiter, sondern bezeichne ihn auch als einen der wenigen Geheimtipps des Jahres!

santi

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